Fotofilter, Tweed-Jacken, Schallplatten, Latzhosen – „Retro“ ist seit geraumer Zeit wieder im Trend! Viele folgen heutzutage dem Leitspruch „Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom!“, und so gilt es unter vielen durch ein meist gewagtes, altmodisches Auftreten hervorzustechen. Genau dieser Retrowelle bediente sich BMW Motorrad kürzlich als Inspiration für das Design der neuen BMW R nineT.
 |
| 2014 BMW R nineT | Photo © Christoph Adamek/autofilou.at |
Wenn man nicht gerade – wie ich – zur älteren Motorradfahrer-Generation gehört, kann man nur vermuten, dass einen dieses Bike gerade dazu einlädt in Erinnerungen an die „gute alte Zeit“ zu schwelgen. Das ästhetische Retro-Farbspiel aus schwarz, grau und gold flüstert einem „Nehmen Sie mich auf einen Ausflug mit, Sir!“ zu.
 |
| 2014 BMW R nineT | Photo © Christoph Adamek/autofilou.at |
Da ich einer so feinen bayrischen Dame keinen Wunsch abschlagen kann, nehme ich entzückt auf der niedrigen Sitzbank Platz. Mit 785 mm Sitzhöhe darf gern auch mit etwas kürzeren Beinen auf sie aufgeschwungen werden. Der erste ausschweifende Blick über das Motorrad holt mich aber schnell wieder in die Gegenwart zurück. Kraftquelle ist statt eines Dampftriebwerks ein 1.200 ccm großer 2-Zylinder-Boxermotor, der das robuste Auftreten massiv verstärkt.
 |
| 2014 BMW R nineT | Photo © Christoph Adamek/autofilou.at |
Mit dem Sound des Motors schafft BMW den Spagat zwischen Nostalgie und Fortschritt. Die ratternde und klackende Geräuschkulisse beim Anlassen verführt zu einem sanften Dreh am Gasgriff. Bei gemütlichem Ausrollen von 4.000 auf 3.000 Umdrehungen mit anschließendem erneuten Beschleunigen komponiert die voluminöse Kraftquelle eine Symphonie, die selbst Beethovens Neunte wie einen ausgemusterten Werbejingle aussehen lässt.
 |
| 2014 BMW R nineT | Photo © Christoph Adamek/autofilou.at |
Bei all der Begeisterung komme ich das erste Mal aus der Puste, die BMW verlangt einem nämlich viel Beinarbeit ab. Sie besitzt zwar einen niedrigen Schwerpunkt, bedingt durch den breiten Boxermotor will das Gleichgewicht aber nur durch hohen Kraftaufwand gehalten werden. Abstützhilfe findet man auf den schräg montierten Fußrastern, deren Gummiauflage sich bei Belastung leider verdreht und dadurch mit der Zeit abnützt.
 |
| 2014 BMW R nineT | Photo © Christoph Adamek/autofilou.at |
Modern aber dezent gehalten ist der BMW-typische Kardanantrieb. Er sorgt beim Beschleunigen nicht nur für eine sanfte Anhebung, sondern bei richtigem Umgang mit dem Gasgriff auch dafür, dass man die 110 PS wohl dosiert entfalten kann. Mit serienmäßigem ABS sollte das anschließende Anhalten ebenfalls kein Problem sein.
 |
| 2014 BMW R nineT | Photo © Christoph Adamek/autofilou.at |
Direkt aus den 90ern wurde der große, runde Frontscheinwerfer importiert. Zusammen mit der farblich perfekt abgestimmten Federgabel ist für einen stämmigen Auftritt gesorgt. Der goldene Anstrich peppt die gold-graue Vorstellung auf, sodass man nicht ungesehen bleibt.
 |
| 2014 BMW R nineT | Photo © Christoph Adamek/autofilou.at |
 |
| 2014 BMW R nineT | Photo © Christoph Adamek/autofilou.at |
Der runde und etwas bullige Tankansatz vor den Beinen lädt nicht zu einem optimalen Knieschluss ein. Durch die mehrmalige Veränderung der Sitzposition leidet auf Langstrecken leider zwangsweise die Konzentration, außerdem zwingt einen der zu weiche Sitzpolster immer wieder zu kurzen Pausen.
 |
| 2014 BMW R nineT | Photo © Christoph Adamek/autofilou.at |
Getreu dem Motto „Pure Riding“ zeigt ein Blick auf die breite Instrumententafel zwei analoge Anzeigen von Geschwindigkeit und Drehzahl, getrennt von einem Digital-Display. Dieses versorgt den Fahrer mit einer großen Ganganzeige sowie dem Verbrauch, dem Kilometerstand und der Uhrzeit. Die Reichweitenanzeige ist mit einer Reserveleuchte altmodisch gehalten.
 |
| 2014 BMW R nineT | Photo © Christoph Adamek/autofilou.at |
Fazit: Die BMW R nineT schafft den Spagat zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Nostalgie und Fortschritt. Sie lässt den Fahrer vom puren Fahrgefühl träumen und in Gedanken schwelgen. Trotz kräftigem und massivem Aufbau durch den Boxermotor, lässt sich das Motorrad grazil wie eine Raubkatze bewegen. Gecruist darf mit diesem Gefährt dank kraftvoller aber kompakter Erscheinung werden. Da die R nineT mit ihrem Aussehen den Nerv der Zeit trifft, und mit Fahrspaß punktet, muss sie für mich unter den besten Bikes des Jahres genannt werden. Einzig der Preis von 17.400 Euro, der nicht so einfach aus der Portokasse zu zahlen ist, holt einen auf den Boden der Tatsachen zurück.
 |
| 2014 BMW R nineT | Photo © Raphael Gürth/autofilou.at |
Daten Testmotorrad | BMW R nineT | Basispreis: 17.400 Euro | Motor: 4-Takt 2-Zylinder Boxermotor mit Luft-/Ölkühlung | Hubraum: 1.170 ccm | Bohrung x Hub: 101,0 x 73,0 mm | Verdichtungsverhältnis: 12,0:1 | Leistung: 81 kW/110 PS bei 7.500 1/min | Drehmoment: 119 Nm bei 6.000 1/min | Getriebe: 6-Gang Kardan | Gesamtlänge/-breite/-höhe: 2.220/890/1.265 mm | Höchstgeschwindigkeit: >200 km/h | Sitzhöhe: 785 mm | Radstand: 1.476 mm | Kraftstofftankinhalt: 18 Liter (davon 3 Liter Reserve) | Kraftstoff: Superkraftstoff bleifrei (ROZ 95) | Gewicht fahrfertig: 222 kg | Max. zulässiges Gesamtgewicht: 430 kg | Ausstattung: BMW Motorrad ABS | Abgasnorm: Euro 3
 |
| 2014 BMW R nineT | Photo © Christoph Adamek/autofilou.at |
 |
| 2014 BMW R nineT | Photo © Christoph Adamek/autofilou.at |
