Als einer von nur zwei österreichischen Medienvertretern war ich diese Woche von Ford an die Hochschule für angewandte Wissenschaften nach München geladen worden um an einem Clay Modelling Workshop teilzunehmen.
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Workshop „Inside the Clay Modelling Studio“ by Ford | Photo © Raphael Gürth/autofilou.at |
„München ist die letzte von insgesamt sechs Workshop-Stationen nach Paris, London, Mailand, Madrid und Moskau“, so Ford Chef-Ton-Modellierer Thomas Kalker, der auch durch den Workshop in München führte. Kalker ist seit 1994 Mitglied des internationalen Ford Design-Teams und seit 2000 im Bereich der Ton-Modellierung tätig.
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Thomas Kalker, Ford Chef-Clay-Modelleur |
„Workshop“ deshalb weil Thomas Kalker von Beginn an darauf bestand, dass Fragen direkt eingeworfen werden – während er seinen Arbeitsalltag näher beschrieb und dabei gleichzeitig am ausgestellten Mini-Modell des neuen Ford Mondeo arbeitete.
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Thomas Kalker modelliert ein Mini-Clay-Modell | Photo © Raphael Gürth/autofilou.at |
Alles fängt mit einer Idee des Designers an. Dessen zweidimensionale Handskizze, Sketch genannt, wird gemeinsam mit Modelleuren am Computer in ein erstes dreidimensionales Modell verwandelt.
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Erste Skizzen/Sketches des 2015er Ford Mondeo | Photo © Ford |
Anschließend erstellen die Modelleure von diesem 3D-PC-Modell zwischen 6 und 8 kleine Ton-Modelle. Diese sogenannten Vier-Zehntel-Modelle sind rund 2,5-mal kleiner als das spätere Serienmodell und besitzen jeweils eine linke und rechte Designhälfte. Im Grunde werden so also 12 bis 16 verschiedene Designvorschläge für ein künftiges Fahrzeugmodell an 6 bis 8 Ton-Modellen ausmodelliert.
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Von der 3D-Grafik zum Clay-Modell des 2015er Ford Mondeo | Photo © Raphael Gürth/autofilou.at |
Sind diese ersten „angreifbaren“ Modelle fertig, stellen die Modelleure sie den Designern vor, die davon sogleich zwei Designthemen favorisieren. Die beiden auserwählten Varianten werden dann in Originalgröße, ebenfalls aus Ton, produziert. Diese „Full-Size“ genannten Modelle wiegen rund 2,5 Tonnen – 800 kg davon alleine der aufgebrachte Clay, der Rest ist dem darunter liegenden Stahlgerüst sowie den darauf aufgeklebten Schaumstoff-Platten geschuldet.
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Thomas Kalker modelliert ein 1:1-Clay-Modell | Photo © Christian Rolfes/Ford |
Weil die ausmodellierten Ideen der Designer allerdings oftmals technisch nicht realisierbar sind, werden in unzähligen Iterationen, mit Ingenieuren und dem Management, Lösungen erarbeitet. Dieser Vorgang dauert bis zu einem Jahr. Nach diesem Jahr der vielen kleinen Veränderungen kann es allerdings sein, dass dem Designer das so entstandene, technisch realisierbare Fahrzeug nicht mehr gefällt. Dann fängt der ganze Prozess von vorne an. Falls nicht, wird das 1:1-Ton-Modell per Photogrammetrie digitalisiert und für die Serienfertigung aufbereitet.
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Photogrammetrie | Photo © Christian Rolfes/Ford |
Der verwendete Clay besteht übrigens zu 70 bis 80 Prozent aus Wachs, riecht angeblich nach Schwefel (konnte ich nicht wahrnehmen) und kostet rund 3 Euro pro Kilogramm. Wird unter sauberen Bedingungen gearbeitet, kann der Clay mehrmals recycelt und wiederverwendet werden. Er kann in unterschiedlichen Farben bestellt werden, üblich (zumindest bei Ford) sind jedoch dieses „Schokolade“-Braun und Schwarz.
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„Inside the Clay Modelling Studio“ | Photo © Christian Rolfes/Ford |
Zumeist silberne sowie schwarze Folien werden auf die Clay-Modelle aufgetragen, um die Lichtreflexionen der verschiedenen Kanten und Flächen erstmals zu erkennen und einen Feinschliff im Zehntel-Bereich vorzunehmen. Optional wird auch mit Lackierungen gearbeitet.
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Workshop „Inside the Clay Modelling Studio“ by Ford | Photo © Raphael Gürth/autofilou.at |
Die sogenannten „Hard-Parts“ (Türgriffe, Kühlergrill, Außenspiegel, Felgen, …) werden 3D-gedruckt und bieten den Vorteil der mehrmaligen Einpassung in verschiedenste Umgebungsdesigns. Zudem sind sie mehrfach lackier- sowie bearbeitbar. Nachteil: Der 3D-Druck, eines z.B. 1:1-Kühlergrills, dauert mehrere Stunden.
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2015 Ford Mondeo-Mini-Clay-Modell | Photo © Christian Rolfes/Ford |
Wenn ihr bisher alles bereits gekannt habt, wusstet ihr vielleicht noch nicht, dass auch der gesamte Innenraum (z.B. Lenkrad, Schaltknauf, Sitze, …) mit Ton aufgebaut wird. Jede äußere Änderung der Fensterlinie wirkt sich natürlich auf die Modellierung der Türe bzw. Türtafel aus, weshalb eine gewisse Grundspannung zwischen Exterieur- und Interieur-Modelleuren herrscht. Am Exterieur eines 1:1-Modells arbeiten übrigens bis zu sechs Modelleure gleichzeitig.
Fazit: Mit dem Workshop „Inside the Clay Modelling Studio“ gab Ford einen beeindruckenden Einblick in die Entstehung eines neuen Automobils. Wahnsinn wieviel „traditionelle“ Handwerkskunst in den immer technologischer werdenden Fahrzeugen steckt!
„Die Technik des Modellierens von Ton wird in der Fahrzeugbranche von sämtlichen Herstellern angewandt und ist trotz moderner Technologien aufgrund der Bearbeitungseinfachheit und -schnelligkeit bisher nicht verdrängt worden“, so Kalker.
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Workshop „Inside the Clay Modelling Studio“ by Ford | Photo © Raphael Gürth/autofilou.at |
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2015 Ford Mondeo Limousine 3D-Sketch | Picture © Ford |
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2015 Ford Mondeo Limousine 3D-Sketch | Picture © Ford |
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2015 Ford Mondeo Limousine 3D-Sketch | Picture © Ford |
Vielen Dank an Ford für die Möglichkeit an diesem sehr exklusiven Workshop teilzunehmen – jederzeit gerne wieder!