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SsangYong Tivoli e-XDi 160 2WD A/T Be Visual im Test

Der Tivoli arbeitet weiter daran für die koreanische Marke Ssangyong die Türe zum europäischen Markt aufzustoßen. Er erledigt das zum Beispiel mit einer hübschen, nach hinten abfallenden Dachlinie – die Kommentaren, wie „exotisch“, „schrullig“ oder „einfach nur fad“ ein „rutscht’s mir den Buckel runter“ entgegen schleudert.

Ssangyong Tivoli: Der Drache im Schafspelz

Fahrzeuge des koreanischen Herstellers Ssangyong sind hierzulande echte Exoten. Das erkennt man nicht an ihrem äußeren Erscheinungsbild, sondern schlicht und ergreifend daran, dass man sie nicht sieht. Außerdem merkt man es sehr schnell, wenn man versucht den Namen den eigenen Vorstellungen entsprechend korrekt auszusprechen und es durch den plötzlich von sich gegebenen Zischlaut ein wenig auf der Zunge kitzelt. Wer jetzt an eine Schlange denkt, hat keinerlei Knick in der Argumentationskette, schließlich sind zischende Schlangen auf Österreichs Straßen ebenfalls als Exoten einzustufen.

Ssanyong bedeutet übersetzt allerdings so viel wie Zwillingsdrache, was die ganze Sache vom puren Exotentum in ein fast schon mystisches Spektrum überführt. Doch unser Testauto, der Ssangyong Tivoli in klassischem Silbergrau, speit kein Feuer – schon gar nicht in doppelter Menge, wie man es sich von einem zweigesichtigen Drachen erwarten würde – schließlich würde er sich so den Schafspelz verbrennen in dem er steckt. Obwohl einen die schwungvoll nach oben gezogenen Frontlichter schon etwas hinterhältig-böse anblinzeln, als ob sich die Motorhaube im nächsten Moment zum letzten Abendmahl öffnen würde und man sich mit den schwarzen 18-Zoll-Leichtmetallrädern der Top-Ausstattung „Be Visual Cool“ irgendwo an der dünnen Grenze zwischen Style und Düsterkeit bewegt, ist er nämlich ein durchwegs harmloser und unaufgeregter Gefährte.

Das mag auf den ersten Blick zwar nicht nach dem verkaufsförderndsten Argument klingen, könnte für Ssangyong allerdings eine bessere Positionierung auf dem europäischen Markt nach sich ziehen. Seriöse Unaufgeregtheit muss nämlich – anders als die kleine, zickige, österreichische Schwester „fad“ – nichts Negatives bedeuten. Regt das Äußere des neuen Tivoli nämlich nicht auf, sondern vielleicht sogar dazu an, die süßen Seiten der Fadesse zu erkennen, so unterscheidet er sich darin massiv von anderen Ssangyong-Modellen, die man hierzulande zwar eigentlich nicht, aber dann doch hin und wieder mal irgendwo gesehen hat. Wer sich nicht mehr an einen dieser seltenen Momente erinnern kann – sie hießen Rexton, Rodius oder Actyon. Bei den gerade erwähnten Modellen war nämlich eindeutig ein bisschen zu wenig Unaufgeregtheit am Start. Man wusste nicht mit ihrem schrullig-skurrilen Design umzugehen, behalf sich in seiner eigenen prinzipiellen Hilflosigkeit mit den Lieblingsadjektiven der Österreicher, wie „schirch“ oder „grindig“, weiter.

Mit dem Tivoli ist nun alles anders: Sowohl „fad“ als auch „schirch“ und „grindig“ rutschen an seiner glatten „Evoque“-ähnlichen Form ab, die sich damit herrlich unaufgeregt ins Autobild der Österreicher einfügt. Die nach hinten abfallende Dachlinie, wie man sie auch von den Kollegen von Land Rover schon gut kennt, bietet keinerlei Halt für derart abschätzige Kommentare, macht sie haltlos, sagt „rutscht’s mir den Buckel runter“ – um beim österreichischen Idiom zu bleiben.

Mit viel Innenleben in der Außenwelt punkten

So viel zum Exterieur des Tivoli. Weiter geht es im großzügigen Innenraum, der so viel Platz bietet, dass er geradezu danach schreit mit Leben ausgefüllt zu werden. Wenn Innenraum zu Innenleben wird, fühlt sich der Ssangyong wohl – das merkt man. Er ist Schiff und sicherer Hafen in einem, bringt Freunde, Verwandte, Fremde, Affären und Gspusis sicher ans Ziel. Dabei büßt er weder an Raum noch an Komfort ein. In unserer Top-Ausstattung tut sich im Innnenraum schon dann recht viel, wenn es noch nicht zu Innenleben geworden ist: Keyless-Go, 2-Zonen-Klimaautomatik, automatisch abblendender Innenspiegel, Licht- und Regensensoren, Tempomat, Rückfahrkamera, ein etwas umständlich zu bedienendes Multimediasystem mit USB- und HDMI-Eingängen, Freisprecheinrichtung, TomTom Navigationssystem und eine Sitzheizung für kalte Wintertage liefern das gewöhnte Verwöhnprogramm verlässlich ab.

Besondere Erwähnung in Sachen Komfort verdienen die Sitze. Beim Einsteigen noch unauffällig und scheinbar wenig hochwertig, nimmt man hier nicht einfach nur Platz, sondern gibt sich auf längeren Strecken den ultimativen Sitzkomfort. Auch auf den Rückbänken sitzt man bequem – das liegt bestimmt auch am üppigen Platzangebot des Ssangyong Tivoli, das er, trotz eher kompakter Außenmaße von 4,2 Metern Länge, seinen Passagieren einräumt. Auch die exaltierteste Persönlichkeit füllt diesen Raum nur schwer aus. Spricht man über den Innenraum eines Autos, kann das durchaus als Kompliment verstanden werden. Ganz ohne Einbußen geht es jedoch nicht, sonst würde man sich mit dem zweiköpfigen Drachen schnell wieder auf eine mystische Ebene begeben: Unter dem reichhaltigen Platzangebot leidet naturgemäß das Kofferraumvolumen (423 Liter) ein wenig. Wer einem Übermaß an Hartplastik nur wenig harte Schale entgegensetzen kann, wird sich in seinem Cockpit vielleicht nur bedingt wohlfühlen. Insgesamt entspricht die Qualität von Material und Verarbeitung aber dem Preissegment des Tivoli. Auch in Punkto Dämmung kann der Ssangyong Tivoli mit anderen Kompakt-SUVs nicht ganz mithalten. Wer den Koreaner aber mit dem von ihm so sehnlich erwünschten Leben füllt, wird ohnehin keine Zeit haben, auf Abroll- und Motorengeräusche zu hören.

Nicht kopflos, aber auch nicht verkopft

Bei 115 PS darf man sich natürlich keinen absolut kopflosen Fahrspaß erwarten – ganz in die Ecke des Vernunftautos lässt sich der Tivoli, trotz zweier Köpfe, aber trotzdem nicht drängen. Der 1,6 Liter-Dieselmotor versteht das Konzept der Spitzigkeit ganz gut und auch dem 6-Gang Automatikgetriebe kann man flottes und exaktes Arbeiten nicht absprechen. An der Fahrleistung gibt es prinzipiell wenig zu bemängeln – natürlich sollte man sich aber auch nicht erwarten, dass der zweiköpfige Drache das Gefühl eines Übermaßes an Feuer unterm Hintern vermittelt. Dafür tut er dies auch nicht beim Verbrauch, der sich bei 6,8 Litern Diesel auf 100 Kilometer eingependelt hat. Alles ist gut und wenn man möchte kann man es gut sein lassen oder mit spritziger Fahrweise für den ein oder anderen besseren Moment sorgen.

Fazit

Der Tivoli lässt wohl niemanden so wirklich kalt. Das liegt, wie eben erwähnt, nicht daran, dass der zweiköpfige Drache seinen Fahrern so viel Feuer unterm Hintern beschert, sondern eher an seinem prinzipiellen Exotentum. Dabei ist man mit diesem Modell bei Ssanyong der unaufgeregten Aufgeregtheit, die in Europa so geschätzt wird, schon sehr nahe gekommen. Ob er tatsächlich als Türöffner für den europäischen Markt funktioniert, wird sich wohl erst zeigen müssen. Das Preis-Leitungs-Verhältnis stimmt bei seinem Einstiegspreis von 13.950 Euro unserer Meinung auf jeden Fall ganz gut. So könnte er dem Dacia Duster beispielsweise durchaus Konkurrenz machen. Unser vollausgestatteter Testwagen kommt auf 27.200 Euro.
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