Honda Civic 1.0 VTEC TURBO Executive: Langstrecken-Test!
Um die wahren Qualitäten eines Fahrzeuges herauszufiltern, bedarf es im Grunde mehr als die klassischen 14 Testtage und 1.000 Kilometer. Honda Österreich hat das verstanden und mir ein 3.000 Kilometer Rendezvous mit dem nagelneuen Civic ausgemacht.Mit dem Civic bis nach Montenegro!
Jedes Jahr steht mindestens ein großer Roadtrip auf meinem Urlaubsprogramm. Diesmal sollte es von Wien über Zagreb, Sarajevo und Ploče nach Dubrovnik und weiter bis nach Tivat in Montenegro gehen.
Und welches kürzlich auf den Markt gekommene, leistbare Fahrzeug eignet sich besser für diesen feinen Ausflug, als der neue Honda Civic? Schließlich wagen die Japaner mit dem Kompaktwagen der Generation 2017 einen deutlichen Umbruch. Ich behaupte mal: Aus Hot-Hatch wurde Hot-Limousine.
Platz ohne Ende!
Aus dem Umbruch resultiert nicht nur eine fesche Optik (mir hat ja eigentlich auch der Vorgänger gut gefallen), sondern auch mehr Innen- und Stauraum. Bereits der Vorgänger war platztechnisch ein Raumwunder. Darüber haben wir des Öfteren berichtet. Der Neue allerdings sprengt die Klasse der Kompaktwagen – in aller Hinsicht.
Mit 4,52 Meter Außenlänge ist er nicht nur um 15 Zentimeter länger als der Vorgänger, sondern auch um 25 Zentimeter länger als der aktuelle Golf. Und selbst die bislang Klassenlängsten Nissan Pulsar und Mazda3 (4,39 & 4,46 m) überragt der Civic klar.
Daraus ergibt sich ein Kofferraum der seinesgleichen sucht. 478 Liter fasst das Heck. Über mangelndes Stauvolumen konnte sich also keiner meiner beiden Urlaubsbegleiter beschweren.
Und selbst eine Reihe weiter vorne gibt’s absolut nichts zu meckern. Ich habe es selbst zwischen Kärnten und Zagreb ausprobiert. Meine 1,93 Meter fühlen sich auf der belederten Rückbank wohl. Etwas höher ausziehbare Kopfstützen wären angenehm – das störte aber nicht weiter. Vom Glasdach hat die zweite Reihe leider nicht viel. Dafür lässt es sich zumindest öffnen und frische Luft hinein.
Brustschwach!
Doch wie fährt sich der Civic nun und was verbraucht der getestete Dreizylinder während des gesamten Roadtrips? Bis 100 km/h kann ich mich nicht beschweren. Der 129 PS starke Turbobenziner zieht gut durch und ist nie aufdringlich laut. Wenn’s sein muss, macht er sogar 170 Sachen. Doch da wird’s schon eher zäh. Überholvorgänge auf der Landstraße sollten daher gut überlegt werden. Wie gesagt, wir waren zu dritt mit etwas Gepäck unterwegs. Dem kleinen Einliter-Benziner fehlt es trotz Turbo-Beatmung etwas an Schmalz. 200 Nm Drehmoment sind nicht die Welt für ein Auto dieser Statur. Da bringt selbst beherztes Zurückschalten nicht viel.
Doch der zweite angebotene Motor, ein 1,5-Liter Vierzylinder-Turbobenziner mit 182 PS, wird aus steuer- bzw. finanzierungstechnischen Gründen hierzulande wohl eine Rarität bleiben. Ich wünsche mir deshalb so rasch als möglich den Diesel des Vorgängers zurück. Doch der wurde noch nicht endgültig bestätigt und kommt, wenn überhaupt, erst in der zweiten Jahreshälfte 2018. Zuvor stehen die scharfe Type R-Version und ein Hybrid-Modell auf der Agenda.
Der Verbrauch hat sich auf der durchaus bergigen Strecke durch Kroatien bei knapp sieben Liter ROZ 95 eingependelt. Was in Anbetracht der erwähnten Umstände voll in Ordnung geht. Eines ist aber auch klar: Unter sechs Liter drücken ist definitiv schwerer als hinauf auf acht oder mehr.
Dynamic- & Eco-Mode?!
Und das Fahrwerk? Nun, „perfekt ausgewogen“ trifft es wohl am besten. Die Dynamic Taste in der Mittelkonsole verändert zwar weniger als erhofft. Kurze harte Stöße auf wirklich schlechten Straßen sind damit aber doch vernehmbar, fühlt man genauer hin. Wirklich schlechte Straßen gab es jedoch zum Glück kaum auf unserer Strecke.
Der ECO-Modus hingegen, die zweite Taste neben der Dynamic-Taste in der Mittelkonsole, richtet gefühlt nichts aus. Vielleicht ist es auch gut so. Laut Honda regelt sie jedenfalls die Leistung der Nebenverbraucher wie Klimaanlage und Co. sowie die Gasannahme zurück.
Weniger gut, zumindest in Kombination mit meinem Samsung Galaxy S6, hat das induktive Ladepad (+382 Euro bzw. im 1.000 Euro teuren Premium-Paket inkludiert) funktioniert. Bis es mein Smartphone erkannt hat, brauchte es stets mehrere Positionierversuche. Andere kabellos ladefähige Handys standen mir leider nicht zur Verfügung.
Grenz-Glück & Landstraßen-Geschlängel
An den Grenzen hatten wir eigentlich stets Glück. Stundenlanges Warten blieb uns verwehrt. Vermutlich auch weil wir eben schon Anfang Juni unterwegs waren. So waren es zum Beispiel bei der Ausreise von Kroatien nach Bosnien und Herzegowina rund 20 Minuten (10 Fahrzeuge vor uns), die Einreise selbst ging ohne Wartezeit über die Bühne.
In Bosnien und Herzegowina selbst ging es dann los mit Landstraßen-Geschlängel. Bis kurz vor Sarajewo selbst weit und breit keine Autobahn in Sicht. Zwar sind die Landstraßen im gesamten Land scheinbar kaum ein Jahr alt, also frisch asphaltiert, doch 80 km/h Geschwindigkeitsbeschränkung ermüden sehr.
Dafür sind die niedrigen Geschwindigkeiten dem Spritverbrauch zuträglich und so bleibt die Anzeige stets bei knapp über sechs Liter stehen. Weil der Tank von ehemals 50 Litern im Vorgänger auf nunmehr nur 46 Liter geschrumpft ist, sind dennoch nie mehr als 700 Kilometer Reichweite mit einer Füllung möglich. Ein Glück, dass der Sprudel in BiH günstiger ist als in Kroatien und Montenegro.
Vorsicht in Dubrovnik!
Teuer ist dafür das Parken in Dubrovnik. Die kroatische Küstenstadt und beliebte Filmkulisse (Game of Thrones, Star Wars, …) hat nämlich nur eine öffentliche Parkgarage, und die lassen sie sich ordentlich bezahlen…
Zwei Tage kosten hier gleich einmal 130 Euro und sind damit weitaus teurer als unser Hassobjekt Flughafen Wien-Schwechat. Deshalb sollte bei der Wahl der Unterkunft unbedingt auf „Privatparkplatz“ geachtet werden!
Waschstraßen kennen die Kroaten übrigens scheinbar keine. Das Auto sauber zu bekommen, gelang uns erst kurz vor Montenegro. Dafür bekam der Civic dann eine Handwäsche für 50 Kuna spendiert, umgerechnet rund fünf Euro. Die Wäsche selbst war zwar nicht perfekt, aber dafür wurde auch innen kurz durchgewischt und ein nettes Pläuschchen – auf Deutsch – gab’s obendrauf.
Grüne Versicherungskarte checken!
An der Grenze von Kroatien nach Montenegro wieder nur rund 20 Minuten Wartezeit. Wichtig: Auf der grünen Versicherungskarte sollte BiH ebenfalls vermerkt sein. Ansonsten ist direkt an der Grenze eine Versicherung abzuschließen.
In Montenegro scheint das Geld abgeschafft, zumindest in der Hafenstadt Tivat. Hier reiht sich eine Luxusyacht neben die andere. Nach kurzer Rückfrage bei der Hafenaufsicht durfte ich am nächsten Morgen direkt am Port fotografieren und ein kurzes Video drehen. Nur die Yachten selbst musste ich auslassen, das wollten deren Besitzer so.
Fazit
Diesen Roadtrip mit dem neuen Honda Civic zu bewältigen, war eine gute Wahl. Er fährt sich sehr gelassen, geht ausreichend voran und durstet nicht übermäßig. Die enormen Platzverhältnisse habe ich ja oft genug betont. „Verbesserungswürdig“ scheinen das induktive Ladepad, die hinteren Kopfstützen, das Panorama-Glasdach und das Tankvolumen. Und bitte gebt mir den Diesel wieder!