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Rallye Dakar: Gewinnen? Nur nicht verlieren!

Ein Live-Blick aus dem Fahrerlager der härtesten Rallye-Raid-Veranstaltung der Welt!

Rallye Dakar: Das härteste Rennen der Welt

Eine Rallye, die in zwei Tagen fast 9.000 Kilometer durch Peru, Bolivien und Argentinien führt, gewinnst du nicht in den ersten Tagen. Du verlierst sie höchstens. Der erste der insgesamt knapp über 500 Teilnehmer erreicht nicht einmal den Start der ersten Sonderprüfung der Rallye Dakar 2018 in Pisco, weil er schon am Stadtverkehr raus aus Lima scheitert: Unfall. Einzig gültige Verkehrsregel scheinbar: Es muss gehupt werden. Der Rest ist Verhandlungs- und Gefühlssache. Sogar Matthias Walkner, Österreichs potenzieller Siegfahrer bei den Bikes, spielte im Verkehr unfreiwillig Pingpong zwischen Leitschiene und einem LKW, der einem entgegenkommenden Auto ausweichen musste. Man kann in Peru gar nicht so viel aufpassen wie man möchte.

Die nächsten Ausfälle gab es auf der ersten Sonderprüfung, kaum 30 Kilometer lang. Nach Dakar-Maßstäben ist das nicht ernst zu nehmen. Für so kurze Distanzen lohnt es sich kaum, Auto, Bike, Truck oder Quad schmutzig zu machen. Die längste Sonderprüfung der 40. Auflage der legendärsten Wüstenrallye, die seit 2009 in Südamerika gefahren wird, ist 398 Kilometer lang. Da hast du was zu tun. Da geht es um was. Tagesetappen inklusive An- und Weiterfahrt zum Biwak messen auch einmal mehr als 900 Kilometer.

Am Anfang kannst du die Dakar nur verlieren.

US-Boy Bryce Menzies, eine Größe im dortigen Offroad-Sport und hier in einem MINI des deutschen X-Raid-Teams unterwegs, übersieht am zweiten Tag eine kleine Stufe, die mit „Double Caution“ im Roadbook angezeichnet war. Er trifft sie mit knapp über 100 km/h, der MINI überschlug sich nach vorn, Augenzeugen sprechen von drei Drehungen um die Längs- und vier um die Querachse. MINI zerknüllt, Beifahrer mit Fersenbruch, Menzies zerknirscht, Ende Gelände.

Am Anfang willst du die Dakar nicht verlieren.

Der Qatari Nasser Al-Attiyah, unter anderem Olympiamedaillengewinner im Tontaubenschießen, zweifacher Dakar-Sieger, WRC2-Weltmeister und mit seinem Toyota Hilux auch 2018 einer der Favoriten für den Dakar-Sieg, brennt der Konkurrenz gleich auf der ersten kurzen Dünen-Etappe mehrere Minuten auf, um klarzustellen, wer der Chef ist.

Peugeot-Teamchef Bruno Famin hatte im Vorfeld schwarzgemalt:

„Es kann gut sein, dass Nasser mit einer Stunde Vorsprung auf Platz 2 bei Halbzeit zum Ruhetag nach La Paz kommt.“

Nasser gilt als der beste Dünenfahrer im Feld, und die erste Woche besteht fast ausschließlich aus Sand. Dazu kommt, dass die Peugeot 3008 DKR Maxi durch einen Luftrestriktor (38 statt 39 mm) gegenüber letztem Jahr zusätzlich eingebremst wurden. Immerhin: Fahrerisch macht dem französischen Werksteam keiner was vor:

  • Stéphane Peterhansel, Mister Dakar persönlich.
  • Cyril Despres, fünffacher Gesamtsieger am Bike.
  • Sébastien Loeb, neunfacher WRC-Weltmeister.
  • Carlos Sainz, legendärer Altmeister.

Peugeot zieht sich nach dieser Rallye Dakar zurück, …

… und man hat nicht vor, zum Schluss noch einmal zu verlieren. Und trotzdem kann immer was passieren. Sébastien Loeb hatte am ersten Tag nach wenigen Kilometern keine Bremsen mehr, und der Rest der Werksfahrer rätselte über den teilweise doch schon großen Rückstand auf dieser Mickymaus-Etappe.

Grund zur Aufregung ist das unter Profis nicht. Man spürt an der Atmosphäre im Biwak, wenn das Rennen heiß wird. 3.000 Menschen, vom Rennfahrer bis zum Mechaniker, vom Arzt bis zum Koch, teilen sich Abendtisch und Mobiltoilette. Generatoren und Rennauspuffe bestimmen die akustische Kulisse. Geschlafen wird im Wurfzelt, unter ständigem Knirschen des Sandes.

Die Küche hat 1h Ruhepause!

Vielleicht illustrieren die Öffnungszeiten der Verpflegungszone das Leben auf der Rallye Dakar am besten: Die Küche hat 23 Stunden geöffnet, nur zwischen 3 und 4 Uhr gibt’s nichts. Die ersten Fahrer machen sich um 4 Uhr auf den Weg zur nächsten Etappe, während die letzten Nachzügler um 3 Uhr morgens noch schnell Nudeln mit Sugo einpfeifen, bevor sie neben ihrem Motorrad einschlafen. Im nächsten Etappenort ein paar hundert Kilometer entfernt steht inzwischen schon die Infrastruktur des nächsten Biwak. Same same but different.

Auch jede Etappe ist anders.

Tag zwei, mit 267 Kilometern Sonderprüfung auf Sand schon ernster zu nehmen, scheint wie gemacht für Nasser Al-Attiyah und seinen Toyota. Doch an diesem Tag ist er chancenlos. Die Peugeots sind eine Macht: Despres gewinnt vor Peterhansel und Loeb. Probleme? Nicht heute. „Alles nach Plan,“ rapportiert Stéphane Peterhansel im Biwak. Nach Plan heißt: So schnell als nötig sicher ins Ziel kommen.

„Nicht so fest,“ zuckt Cyril Despres, als die Gratulanten ins Peugeot-Biwak einströmen. Er weiß: In 14 Tagen muss er viele feste Händedrücke erwidern – wenn alles nach Plan läuft. Und seine Hände braucht er noch. Das hat er bei seinen fünf Siegen am Motorrad gelernt. Genau das sind die kleinen Dinge, mit denen du die Dakar nicht verlierst. Gewinnen – daran denkt bis zum Ruhetag am 12. Jänner in La Paz noch keiner.

Copyright: Werner Jessner.
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