Land Rover Defender 110 D240 S: Erster On- & Offroad-Test!
Nach meinem Erstkontakt vor 10 Monaten auf der IAA 2019 in Frankfurt, war es nun endlich so weit: Ich durfte den neuen Land Rover Defender erstmals fahren. Und zwar nicht nur auf der Straße, sondern auch im harten Terrain des Land Rover Experience Centers nahe Düsseldorf.Land Rover Defender: Sympathischer Meister des Spagats!
Seit der Geburtsstunde des ersten Land Rover – 1948 – verschieben die Fahrzeuge der britischen Marke die Grenzen des Machbaren. Sie inspirieren ihre Besitzer dazu, immer wieder Neuland zu betreten und anspruchsvolles Gelände zu erobern. Auch wenn das mit dem 2020er Land Rover Defender sicherlich weniger Eigentümer wagen werden. Denn der nun auch in den USA und China angebotene Defender spricht ein anderes Publikum an als bisher.
Also vom hartgesottenen Offroader zum weichgespülten Softroader?
Nicht ganz. Denn auch wenn sich der neue Defender dank selbsttragender Karosserie, Luftfahrwerk (optional) und den schicken Alufelgen samt montierter Straßenreifen Onroad ausgesprochen kommod fährt, so braucht er sich Offroad keinesfalls zu verstecken.
Kaum runter von der Straße, zeigt mir das 2,4-Tonnen Fahrzeug im Land Rover Experience Center Germany in Wülfrath bei Düsseldorf, dass er seinem Vorgänger hier um nichts nachsteht. Wenn auch der alte, 2016 ausgelaufene Defender 110, noch eine maximale Bodenfreiheit von mehr als 31 Zentimetern hatte und der neue mit etwas über 29 Zentimetern (beim optionalen Luftfahrwerk) auskommen muss, so sind die Böschungswinkel des neuen doch beachtlich. Dank XL-Radstand von 3,02 Metern (9,9 cm mehr als beim aktuellen Discovery) schafft der 4,76 Meter lange Defender 110 Böschungswinkel von 38 Grad vorne und 40 Grad hinten. Beim alten waren es 49 und 35 Grad. Die Wattiefe wurde nahezu verdoppelt: von 50 auf 90 Zentimeter. Doch technische Daten allein helfen manchmal nicht weiter. Dann kommen das serienmäßig verbaute sperrbare Mitteldifferenzial oder auch das optionale Hinterachs-Sperrdifferential zum Einsatz. Aber mehr von seinen Fähigkeiten habe ich Euch im Offroad-Video zusammengefasst:
Dieser direkte Kontrast schockt.
Mit welcher Gelassenheit und Ruhe er fortan auf der Straße unterwegs ist, dabei richtig fesch aussieht, und doch, wenn’s drauf ankommt, im schroffen Gelände überzeugt… einmalig.
Irgendwie habe ich so das Gefühl, der neue Defender kommt der sprichwörtlichen „Eierlegenden Wollmilchsau“ recht nahe. Nur das Sportliche liegt ihm fern. Zumindest mit dem von mir gefahrenen 240 PS Motor. Der Vierzylinder-Turbodiesel knurrt sowohl außen als auch innen hörbar vor sich hin. Fast so, als ob die Briten es so wollten. Bis hundert schiebt er den 2,4 Tonner ausreichend flott nach vorne. Laut Datenblatt in 9,1 Sekunden. Danach wird’s zäh. Die angegebenen 188 km/h Topspeed habe ich dennoch geschafft (siehe Video oben). Wer übrigens mehr Saft braucht oder gar nicht Selbstzünder fahren möchte, für den gibt es auch noch einen 300 PS Benziner und einen 400 PS starken Mild-Hybriden. Ein Plug-in-Hybrid mit ebenfalls 400 PS folgt 2021. Wer weniger will, greift zum 200 PS Diesel.
So fährt sich der 2020er Land Rover Defender
Weil der Wendekreis von etwa 14,3 Meter auf 12,84 Meter geschrumpft ist, sind auch enge Innenstädte kein Thema mehr. Auch wenn das sicherlich nicht dem avisierten Terrain seiner Macher entspricht. Dort, also auf den asphaltierten, gut ausgebauten Straßen von Bel Air, Hong Kong oder Dubai, wird man ihn antreffen. Und dort liefert er ab. Die stets verbaute Achtgang-Automatik von ZF ist ein Gedicht. Schaltet sanft und hat immer den richtigen Gang parat. Die Lenkung ist angenehm direkt und der Abrollkomfort – zumindest mit der gefahrenen Luftfederung – mehr als erhaben. Zusätzlich helfen alle möglichen Assistenten im Alltag – Head-up-Display, ClearSight-Motorhaube, ClearSight-Rückspiegel uvm.
Defender erstmals mit Infotainment-System
Im Alltag erfreuen sich die Passagiere auch am flinken State-of-the-Art Infotainment-System. Bisher gab’s im Defender ja maximal ein Radio. Jetzt misst der Monitor 10 Zoll in der Diagonale, ist angenehm weit oben montiert, und versteht sich nun auch mit Android Auto™ und Apple CarPlay®. Zudem ist das Fahrzeug, genauer gesagt 14 Onboard-Steuergeräte davon, dank zweier Sim-Karten stets online und bekommt, ganz Tesla-like, per „Software over the Air“ (SOTA) fortwährend neue Funktionen spendiert.
Und das alles zu welchem Preis?
Nun ja, vorerst leider zu happigen Preisen von 66.580 Euro für den Defender 110 D200. Der hier auf den Bildern und im Video abgebildete D240 S kostet schon 77.633 Euro. Als besser ausgestatteter SE (Premium-LED-Scheinwerfer mit LED-Signatur, Clear Sight Smart View Rückspiegel, Meridian®-Soundsystem, …) sind es bereits 83.008 Euro. Und der HSE mit Panorama-Glasschiebedach und vielem mehr kostet als D240 ab 91.143 Euro. Ab September kann dann der kürzere Defender 90 geordert werden. Damit senkt sich der Preis auf 59.066 Euro. Und 2021 wird es auch wieder Fiskal-LKW-Versionen des Defender zu mutmaßlich noch günstigeren Preisen.
Fazit
Mit einem Schlag hebt Land Rover den Defender auf ein völlig neues Level. Quasi: One size fits all. Er sieht schick aus, fährt sich sowohl auf als auch neben der Straße 1A und ist als fünf, sechs oder siebensitzige Version mit allerlei Schnick-Schnack zu haben. Der in Nitra, Slowakei, gebaute 2020er Land Rover Defender 110 könnte also viele Bedürfnisse decken. Voraussetzung: Das Portemonnaie ist ausreichend gefüllt. Denn das Talent des Spagats zwischen On- und Offroad lassen sich die Briten ordentlich entlohnen. So oder so muss er für JLR der „Phönix aus der Asche“ werden.