Der 265 PS starke BMW 128ti im Test!
Man könnte ihn als direkten Konkurrenten zum VW GTI sehen, den BMW 128ti. Denn er fährt mit Vierzylinder-Turbobenziner und Frontantrieb vor. Nur leider ohne Handschaltung.2021 BMW 128ti: Auf Golf-Jagd!
Mit dem Aus der viel belächelten Compact-Version des 3er Ende 2004 verschwand auch das Kürzel „ti“ aus dem Modellprogramm von BMW. Seit den 1960er Jahren kennzeichnete „Turismo Internazionale“ die besonders sportlichen Modelle der Bayern. Jetzt zieren die traditionellen Buchstaben wieder das Heck eines bayrischen Sportlers, wenngleich sie diesmal auf den ersten Blick auch als chinesisches Schriftzeichen durchgehen könnten. Der BMW 128ti tritt ein großes Erbe an.
265 PS, 400 Nm, 8-Gang-Automatik, Frontantrieb
Und dieses Erbe tritt der kompakte Bajuware mit bärenstarkem Vierzylinder-Turbobenziner, Achtgang-Automatik und, wie seit der Umstellung auf das aktuelle Modelljahr Ende 2019 üblich, mit Frontantrieb an – sowie zahlreichen roten Akzenten außen wie innen. Fertig ist der perfekte GTI-Schreck, oder? Die Antwort: Ja, aber! Denn erst, wenn man dem 128ti richtig die Sporen gibt und dabei das in Stufen wegschaltbare ESP etwas zurückpfeift, erfährt man „Freude am Fahren“.
Das Torsen-Sperrdifferential scheint perfekt abgestimmt. Verteilt das maximale Drehmoment von 400 Nm zwischen den Antriebsrädern und zieht den 128ti sauber in enge Kurven. Frontantriebstypisches Untersteuern? Fehlanzeige! Mit Leichtigkeit lässt sich der 4,32 Meter kurze Kompaktwagen um Biegungen jeder Art zirkeln. Der Lenkradkranz ist maximal dick und die Lenkung bei jeder Geschwindigkeit äußerst direkt. Im spitzen Winkel abbiegen? Bitte gerne. Und das nicht verstellbare Fahrwerk ist deutlich straff ausgelegt, ohne dabei ungut hart zu sein – selbst in Kanaldeckel-gepflasterten Innenstädten.
Dennoch überzeugt mich der stramme Kompaktwagen bei langsamer Fahrt nicht unbedingt. Zu behäbig fühlt er sich an, läuft mit seinen 225er breiten Latschen gerne Spurrillen nach. Und bei nasser Straße hilft ihm das Sperrdifferential nicht. Hier kämpft er, wie alle anderen Vorderradler mit ausreichend Leistung, um Traktion.
Ein Wort noch zum Testverbrauch: 7,4 Liter waren es am Ende auf 100 Kilometer. Weniger geht dabei aber genauso leicht, wie weit mehr.
Das Facelift bitte mit Handschaltung!
Nur eines fehlt mir in diesem 1er mehr als alles andere: eine knackige Handschaltung. Sie würde das Fahrerlebnis vermutlich eckiger als runder machen, doch dem Fahrzeug zugleich auch mehr Charakter einhauchen. Ein manuelles Getriebe gibt es aber nicht – mit viel Daumendrücken ja dann vielleicht im Facelift, das sich für 2022 ankündigt.
Und ja, auch der Frontantrieb und der magere Klang der Auspuffanlage können von mir aus gerne bleiben. Denn die roten Anbauteile meines „BMW Individual Storm Bay metallic“ (1.212 € extra) lackierten 1ers samt rotem ti-Schriftzug an der Flanke schreien bereits genügend nach Aufmerksamkeit. Nach so viel nämlich, dass man im 128ti schnell einmal der Marken-typische Prolet ist. Bei Spurverengungen reingelassen werden? Mitnichten!
Dabei hat auch der kleinste aller BMW dieses Image nicht verdient. Die Liebe zum Detail, die in diesem Schönling steckt, ist alles andere als proletarisch. Die sportlichen, zigfach verstellbaren Sitze, das eingestickte ti-Logo auf der Mittelarmlehne, … alles Dinge die den 128ti deutlich aufwerten und schlussendlich auch von den anderen Modellen der Reihe abheben.
Die Preise & die Konkurrenz
48.350 Euro weist BMW aktuell (08/21) auf der Website aus. Darunter liegt (Benzin-seitig) der 120i mit 178 PS für 37.250 Euro, darüber der M135i xDrive mit 306 PS für 56.550 Euro. Ein mit Handschaltung ausgestatteter Golf VIII GTI (245 PS) kostet ab 37.740 Euro, ein schärferer GTI Clubsport (300 PS) ab 46.000 Euro. Indes verscherbelt Ford gerade den 280 PS starken Focus ST: Statt um 42.561 Euro bekommt man ihn derzeit bereits für 35.545 Euro. Ein handgeschalteter i30 N von Hyundai kostet ab 42.990 Euro. Mir scheint somit verständlich, wenn der eine oder andere in dieser Klasse der Marke mit dem Propeller nicht treu bleibt.
Mein Fazit zum BMW 128ti
BMW schafft mit dem 128ti erneut den Spagat zwischen sportlich und sparsam. Auf der einen Seite sprintet er in 6,1 Sekunden auf Tempo 100, auf der anderen errechne ich einen Testverbrauch von knapp über sieben Liter ROZ 95. Nur die gemütliche Gangart liegt ihm trotz Achtgang-Automatik ebenso fern, wie zurückhaltendes Auftreten. Aber das kann sich über die Lebensdauer auch noch ändern – und falls nicht, dann haben auch andere Mütter stramme Söhne [;-)].