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Der Ford Mustang Mach-E AWD ER im Test!

Der Ford Mustang Mach-E mit Allradantrieb und großer Batterie im Test. So gut ist der in Mexiko gebaute Amerikaner wirklich!

Macht der Ford Mustang Mach-E alles richtig?

Er ist ja ziemlich fesch geworden, der elektrische Mustang, der nun nicht mehr als reinrassiges Muscle-car, sondern als SUV-Coupé vorfährt. Seine Abstammung sieht man dem Elektro-Spross dennoch an, zum Beispiel an den Rücklichtern oder der Motorhaube. Aber attraktives Aussehen allein reicht leider nicht für eine gute Bewertung. Was hat der Mustang Mach-E also sonst noch zu bieten?

Auf unserer Preis-Reichweite-Grafik sieht man, dass der Ford Mustang Mach-E, je nach Ausführung, ganz vorne oder ganz hinten mitspielt. In der getesteten Version mit Allradantrieb (AWD) und großer Batterie („ER“ für Extended Range) liegt er mit 66.000 Euro satte 15.300 Euro über dem Basismodell mit Heckantrieb und kleiner Batterie („SR“), und ist damit leider bedeutend weniger konkurrenzfähig. Wobei allzu viel Konkurrenz gibt es hier in Wahrheit gar nicht.

Ford Mustang Mach-E Preis zu Reichweite Konkurrenz Vergleich Info
Der Kaufpreis im Verhältnis zur Reichweite | Picture © autofilou.at

Zur Konkurrenzfähigkeit gehört zum Glück mehr als nur der Preis und die dafür gebotene Reichweite. Bei Elektroautos wichtig: Ein Frunk, also ein Kofferraum unter der Motorhaube, um zum Beispiel dreckige Ladekabel oder auch schmutzige Wanderschuhe zu verstauen. Im Mustang ist der mit 100 Liter herausragend geräumig und zudem auch noch auswaschbar, dank integriertem Abfluss. Der Kofferraum selbst ist für ein Auto mit 4,71 Metern Länge dafür nicht besonders geräumig. Er fasst nach VDA nur 402 Liter. Aber gut, irgendwo muss das gute Platzangebot der Fondpassagiere schließlich herkommen. Selbst 1,9 Meter große Personen finden hier genügend Bein- und Kopffreiheit. Die Sicht hintenraus ist, entgegen der Coupé-haften Dachlinie, durchaus akzeptabel, die hochauflösende Rückfahrkamera nutze ich trotzdem gern.

Angezeigt wird das Kamerabild, wie auch sämtliche andere Informationen, im vertikal stehenden 15,5 Zoll großen Infotainment-Touchdisplay mit aufgeklebtem Lautstärke-Drehregler. Das System ist übersichtlich gestaltet, reagiert schnell und ist individuell einstellbar. Außerdem versteht es sich kabellos mit Android Auto™ und Apple CarPlay®. Manchen steht es für eine optimale Bedienung zu steil im Raum, mir nicht. Das 560 Watt starke Soundsystem von Bang & Olufsen mit ins Armaturenbrett integrierter Soundbar klingt ausgezeichnet.

Das 10,2 Zoll-Fahrerinformationsdisplay hingegen ist nicht konfigurierbar. Es zeigt nur die notwendigsten Daten an.

Lenkung zu unpräzise

Zur Konkurrenzfähigkeit gehören auch Dinge, die, zugegeben, subjektiver sind als ein ausliterbares Kofferraumvolumen: die Lenkung zum Beispiel. Und die ist im Mustang Mach-E nicht nach meinem Geschmack. Viel zu synthetisch und um die Mittellage unpräzise. Hier wird Sportlichkeit über Lenkhärte erkauft. Abhilfe schafft – zumindest etwas – der Fahrmodus „Temperamentvoll“. „Aktiv“ und „Zahm“ sind für mich jedenfalls unbrauchbar. Die Meinung der anderen Journalisten, dass hier eine superdirekte und damit sportliche Lenkung vorliegt, kann ich leider nicht teilen. Das Fahrwerk ist, dem gewünschten Charakter entsprechend, sportlich straff ausgelegt. Ein adaptives Fahrwerk gibt es nur im Topmodell Ford Mustang Mach-E GT, dort soll die Lenkung auch bedeutend gefühlvoller sein.

Verbrauch & Reichweite enttäuschen

Enttäuscht hat mich auch der Verbrauch und die dementsprechend gering ausfallende Reichweite. Schon in der Stadt waren es bei Außentemperaturen von knapp über 0 °C etwa 23 kWh/100 Kilometer. Damit fahren andere Stromer über die Autobahn. Dort steigt der Verbrauch im Ford Mustang Mach-E AWD ER auf 31 kWh/100 Kilometer an. Und weil von den 98,7 installierten kWh der Lithium-Ionen-Batterie derzeit nur rund 89 Prozent, also 88 kWh genutzt werden können, liegt die Stadtreichweite bei 380 und die Autobahnreichweite bei 280 Kilometer. Angeblich arbeitet Ford bereits an einem Software-Update, welches 91 kWh Kapazität freigeben soll. Laut dem im Prospekt angegebenen WLTP-Wert schafft der Testwagen aktuell 540 Kilometer.

Schuld am hohen Verbrauch haben nicht nur die beiden permanenterregten Synchronmaschinen (PSM), die Bauart-bedingt zu keiner Zeit „frei“ rotieren können und somit immer einen Fahrwiderstand darstellen, selbst beim „Rollen“. Auch die fehlende Wärmepumpe sorgt zusätzlich für hohe Verbräuche, denn allein die rein elektrische Innenraumheizung zieht im Winter bis zu 6 kW. Wer also zum Beispiel zwei Stunden unterwegs ist, verbraucht deshalb bis zu 12 kWh der Batteriekapazität nur für das Heizen.

Leistung mehr als ausreichend vorhanden!

Apropos Leistung: Der Antritt des Ford Mach-E AWD ER ist brutal. Laut Papier braucht der 351 PS starke Stromer lediglich 5,8 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Mit Leichtigkeit geht es weiter bis zur Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h. Der Mach-E GT dürfte 200 Sachen laufen. Erfreulich ist dabei auch das One-Pedal-Driving. Es funktioniert einfach tadellos, ist aber nur ein- und ausschaltbar, nicht jedoch in Stufen verstellbar wie z. B. beim Hyundai IONIQ 5 über die dort verbauten Schaltwippen.

Ladeleistung bis 80 % mittelmäßig

Zurück zum Elektroantrieb bzw. dessen Ladekurve: Bei Pausen auf der Langstrecke lohnt sich das Aufladen – zugegeben wie bei den meisten anderen Stromern – nur bis 80 Prozent. Und im Fall des Mustang Mach-E wirklich nur bis dorthin und kein Prozent mehr. Denn exakt bei 80 Prozent bricht die Ladeleistung auf etwa 12 kW ein. Weiterzuladen macht dann keinen Sinn mehr. Allein der Weg dorthin – laut Ford 45 Minuten von 10–80 % SoC – dauert lang genug. Zum Glück habe ich die Zeitangabe im Test jedes Mal leicht unterboten, wenngleich ich nie die maximal angegebene Ladeleistung von 150 kW erreicht habe.

Mein allgemeines Problem mit diesen maximal 80 sinnvollen Prozent: Sie schränken die Reichweite weiter ein. Wenn wir davon ausgehen, dass der Mustang zwischen 80 und 10 Prozent bewegt wird, bleiben 70 Prozent real nutzbare Akkukapazität auf der Langstrecke übrig – also nicht mehr als knapp 200 Kilometer. Mir reicht das durchwegs: Etwa alle zwei Stunden eine Pause einlegen, kein Thema. Dann aber sollte das Aufladen von 10 auf 80 % bitte in maximal 30 Minuten machbar sein. So liegt der Ford Mustang Mach-E AWD ER leider nur auf dem Niveau des mehr als drei Jahre alten Jaguar I-Pace, der mit 100 kW maximaler Ladeleistung angegeben ist. An der heimischen Wallbox lädt der Mustang Mach-E dreiphasig mit maximal 10,5 kW.

Ladefeatures nicht vorhanden

Vollkommen unverständlich ist das Fehlen diverser Ladefeatures. So wird die Batterie zum Beispiel am Weg zur Ladestation nicht vorkonditioniert. Wer also im Winter an der ersten Ladestation der geplanten Route aufladen möchte, bekommt mit ziemlicher Sicherheit nicht die volle Ladeleistung. Auch gibt es keine Möglichkeit das Ladelimit zu begrenzen, also weder die Stromstärke noch den maximalen State of Charge (SoC). Die Smartphone-App hilft hier leider auch nicht weiter. Ladestationen werden im Navigationssystem zwar praktischerweise automatisch zur Route hinzugefügt, ich kann mir jedoch nicht aussuchen, welche Ladegeschwindigkeiten diese haben – also zum Beispiel nur Ladesäulen mit mehr als 150 kW explizit anwählen.

2021 Ford Mustang Mach-E AWD Extended Range Test Review
Photo © Raphael Gürth/autofilou.at

Alles negativ am Ford Mustang Mach-E?

Wer bis hier hin gelesen hat, dem sei erstmal DANKE gesagt, aber noch viel mehr könnte der Eindruck entstanden sein, dass ich dem Mustang Mach-E nur Schlechtes abgewinnen kann. Wer autofilou kennt, der weiß, dass wir ehrlich sind. Das steht ganz oben auf unserer Hausordnung. Dinge, wie die nur zweigeteilt umlegbare Rücksitzbank sind einfach ein No-Go in dieser Fahrzeugklasse und gehören genauso angesprochen, wie die deutlich vernehmbaren Windgeräusche auf der Autobahn oder die mageren 750 kg Anhängelast sowie 495 kg Zuladung. Hingegen erfreut das riesige Panorama-Glasdach, ist aber nicht via mechanischem Rollo abschottbar – ein Nachteil, wenn Kleinkinder in der Nacht nicht durch Laternen wachgehalten werden sollen. ISOFIX-Anschlüsse sind angenehmerweise sowohl am Beifahrersitz als auch auf den beiden äußeren Rücksitzen vorhanden. Die Sitzauflagefläche für Fahrer- als auch Beifahrer dürfte dafür gerne eine Spur länger sein.

Fazit

Wem Verbräuche, Ladekurven und sogar der Preis egal, dafür schicke Optik, gute Bedienung und kleine Details (flutbarer Frunk, Wireless CarPlay, …) wichtig sind, der könnte am sportlichen Ford Mustang Mach-E AWD ER Gefallen finden. Allen anderen empfehle ich die verbrauchsärmeren Heckantriebsversionen genauer anzusehen – oder die Konkurrenz à la Tesla Model Y, KIA EV6 oder Škoda Enyaq. Außerdem sind viele der erwähnten Kritikpunkte ganz einfach via Software-Update lösbar.

2021 Ford Mustang Mach-E AWD Extended Range Test Review
Photo © Raphael Gürth/autofilou.at
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