Der 2024 BYD Dolphin Design im Test!
Kompakt, in der Stadt sparsam, aber mit 204 PS dennoch kräftig – so zeigt sich der BYD Dolphin bei uns im Test. An einigen Ecken besteht aber etwas Verbesserungsbedarf.BYD Dolphin: Nicht ganz zu Ende gedacht.
Seit Anfang 2023 ist BYD in Österreich vertreten. Also war es bereits höchste Zeit eines der chinesischen Fahrzeuge bei uns in den Testfuhrpark zu holen. Den Anfang macht der Dolphin, der mit seinen 4,29 Metern Länge und dem Van-artigen Aufbau gerade noch als kompakter Cityflitzer durchgeht und auch in der Preisliste von BYD den Anfang macht. Die hier getestete Top-Ausstattung „Design“ erkennt man von außen bereits am zweifarbigen Lackkleid, hier Skiing white & Urban grey. Mit dabei sind außerdem ein 11 kW On-Board-Charger und eine Vehicle-to-Load-Funktion (V2L), also die Möglichkeit den Akku des Autos als Energielieferant (mit bis zu 3,3 kW Leistung) für andere Geräte zu verwenden.
Während die Front, die Felgen und das Heck mit der schicken LED-Zeichnung durchaus gefallen, wirkt der Dolphin von der Seite – meiner Meinung nach – etwas billig. Und ein bisschen wie die zweite Generation des Honda Jazz aus 2008. Das ist schade, schließlich zeigen die Ingenieure von BYD mit Autos wie dem Seal, dass sie es auch besser können. Der Innenraum ist dezent, aber ansehnlich in schwarz gehalten, die Knöpfe haben eine „Walzen-Optik“, lassen sich aber dennoch drücken und nicht drehen. Der informative Dreh- und Angelpunkt ist jedoch das 12,8 Zoll große Mitteldisplay, das sich per Knopfdruck von Quer- zu Hochformat drehen lässt. Ob das zusätzlichen Nutzen bringt, sei dahingestellt, es birgt jedenfalls einen Wow-Effekt.
Die Sitze in der ersten Reihe sind auf kurzen Strecken angenehm, lassen bei längeren Fahrten allerdings Unterstützung für den Rücken vermissen. In der zweiten Reihe sitzen dafür auch Erwachsene noch einigermaßen bequem. Ein Vorteil wäre es, könnte man die Füße unter den Vordersitz stellen, das würde einiges an zusätzlichem Platz bringen.
Der Kofferraum fasst 345 bis 1.310 Liter Volumen, bietet aber kaum Verstell- oder Verzurrmöglichkeiten.
Der BYD Dolphin trägt die Ladebuchse an der Beifahrerseite über dem Vorderrad. Das fand ich beim Laden an Wien Energie Ladesäulen sehr praktisch, bei Schnellladesäulen mit Schrägparkplätzen manchmal etwas einschränkend – insgesamt ist es aber Geschmackssache.
Langsames Schnellladen
Der Handshake zwischen dem Dolphin und der Ladesäule passiert innerhalb weniger Sekunden und dann geht’s direkt hoch auf die maximale Ladeleistung. Angegeben sind 88 kW und die zeigte auch die Ladesäule bis zu einem Ladezustand von 42 Prozent. Danach gings weiter bis 83 Prozent mit 60 kW. Darüber hinaus, also über 83 Prozent, braucht man auf der Langstrecke nicht weiterzuladen, denn hier liegt die Ladeleistung nur bei etwa 33 kW. Unterm Strich sind es dennoch lange 40 Minuten von 10–80 Prozent. Was mir beim Blick auf Tesla unerklärlich scheint. Denn die Amerikaner verbauen in ihren Standard Range-Modellen ebenfalls LFP-Akkus von BYD und laden fast doppelt so schnell nach. Eine bittere Pille.
Wer den BYD Dolphin Design mit Wechselstrom laden möchte, kann das mit maximal 11 kW tun und braucht für eine komplette Ladung von 0–100 % 6 Stunden und 12 Minuten.
Verbrauch nur Durchschnitt
Bleiben immerhin 73 auf der Langstrecke „nutzbare“ Prozent, wenn man davon ausgeht, zwischen den Ladestationen von 83–10 Prozent unterwegs zu sein. Bei einem Autobahnverbrauch von 24–25 kWh/100 km, und einer netto nutzbaren Batteriekapazität von etwa 59 kWh, bleiben somit von etwa 240 Kilometern Reichweite (100–0 %) immerhin noch gut 170 Kilometer über. In der Stadt schneidet der Dolphin besser ab. Mit einem Verbrauch zwischen 13 (bei deaktivierter Klimaanlage) und 15 kWh auf 100 km sind auch Reichweiten jenseits der 400 km realistisch möglich.
Noch mehr ginge wohl mit effizienteren Reifen. Am Testwagen waren Nokian Tyres Snowproof 2-Winterreifen aufgezogen. Die sind in der Kraftstoffeffizienzklasse C eingestuft. Mit entsprechenden Klasse-A-Reifen könnte hier sicherlich 1 kWh/100 km eingespart werden. Außerdem kann ich diese Winterreifen bei sommerlichen Außentemperaturen wirklich nicht empfehlen. Damit schmiert der Dolphin um Kurven, wie Kinder Schokolade ins Stoffsofa.
Flinker Delfin
Außerdem liegt vor allem beim Anfahren so viel Leistung bzw. Drehmoment an, dass gefühlt pro Saison zwei neue Reifensätze nötig sind. Deshalb war ich im Test-Alltag am liebsten im Eco-Modus statt in „Normal“ oder „Sport“ unterwegs. Das Angenehme hierbei: Eco ist absolut nicht behindernd und reicht vollkommen zum gemütlichen Mitschwimmen. Im Dolphin Comfort und Design, also der mittleren sowie höheren, hier gefahrenen Ausstattung, gehen die typischen 150 kW aka 204 PS zu Werke. Mit den richtigen Reifen und Umgebungsbedingungen zoomt sich der 4-rädrige Delfin in flinken 7,3 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h. Das Erstaunliche: Der Dolphin drückt auch noch bei 130 km/h beim Tritt aufs Pedal in den Sitz, ohne Witz. Geräuschtechnisch überwiegen die Wind- und Antriebsgeräusche. Unerträglich laut wird der Chinese aber nicht.
Feinschliff fehlt (noch)
Beim Fahren selbst vermisse ich echtes One-Pedal-Driving. Im Dolphin gibt es stattdessen nur zwei Rekuperationsstufen, die ich als schwach und schwächer bezeichnen würde und zudem bei gefühlt jedem zweiten Neustart nicht verfügbar waren. Das Fahrwerk ist komfortabel, die Lenkung nicht die direkteste und die Bremsbelege legen sich oft sehr ruppig an die Bremsscheiben.
Und ich bin zwar dankbar für die „echten“ Schalter in der Mittelkonsole, doch deren Bedienung erinnert eher an einen schlechten Touch-Slider. Apropos: Obwohl das Display groß genug ist, braucht es mehrere Klicks, um die Temperatur zu verstellen. Außerdem lässt sich die Temperatur nur in 1-°C-Schritten verstellen und wie es freilich kommen musste: ich bräuchte zum Wohlfühlen genau die Halbgrade dazwischen. Überhaupt kommt mir die Klimaanlage ein wenig suspekt vor, weil ich zum einen 25 °C zum Wohlfühlen benötigte, nicht wie sonst 20,5 oder 21,5 °C, und zum anderen, weil sie ab und an wirklich modrig riechende Luft in den Innenraum blies. Das flotte Infotainmentsystem selbst, ist großteils logisch aufgebaut und erinnert stark an ein Handy. Klickt man auf eine Funktion, öffnet sich ein neues Fenster, man kann sich diese Fenster gleichzeitig anzeigen lassen und einzelne per Swipe schließen. Außerdem gibt es noch die Möglichkeit einen Splitscreen zu aktivieren. Leider ist sowohl die Größe als auch die Anzeige des „neuen“ Screens vorgegeben – während Maps waren das die App Icons von Navigation und Spotify – damit verliert diese Funktion leider stark an Nutzen. Spielereien wie die BYD-Töne für Begrüßungs-Jingle, Blinker oder Fahrgeräusche sind zwar kurz lustig, langfristig nerven sie aber eher beim Fahren – immerhin sind sie jedoch ein Unterscheidungsmerkmal zu europäischen Fahrzeugen, die das meist nicht anbieten.
Aber nochmal kurz zum Thema 1er-Schritte: Wie das beim Tempomat gelingt, ist mir ein Rätsel, denn kurze Tastendrucke am Lenkrad erhöhen oder verringern die Geschwindigkeit um 5 km/h, langes Drücken ändert daran nichts. Um hier also zum Beispiel 133 km/h zu fahren, muss diese Geschwindigkeit selbst gefahren werden, um diese dann mit der Aktivierung des Tempomaten zu fixieren. Etwas umständlich.
Außerdem haben die Sitze vorne für große Fahrer (so ab 1,80 Meter Körpergröße) zu wenig Beinauflagefläche und zudem reicht die in den Sitz fest integrierte Kopfstütze nicht ausreichend hoch.
Garantie, Airbags & Co. zum „Abschneiden“
Schlampig sind die Chinesen dafür nicht bei Garantie, Airbags und Euro NCAP. Sechs Jahre Garantie auf das Fahrzeug oder bis 150.000 Kilometer sollten die gröbsten Zweifel beseitigen. Dazu bescheinigt der unabhängige Crashtest volle fünf Sterne mit 89 Prozent bei der Insassen-, 87 Prozent bei der Kinder- und 85 Prozent bei der Fußgängersicherheit. Und es sind serienmäßig sieben Airbags an Board. Die Pflicht-Hausübungen scheinen also gemacht.
Beim Blick auf den dritten ISOFIX-Anschluss – vorne am Beifahrersitz –, dem adaptiven Tempomat oder dem Totwinkelassistent und der Wärmepumpe, alles Serienausstattung, können sich zahlreiche andere Autohersteller eine Scheibe abschneiden. Fehlt nur noch eine dreigeteilt umlegbare Rücksitzbank oder zumindest eine Skidurchreiche.
Gefühlt haben sie sowieso ab dem Kofferraum gespart. Die Hutablage löst sich nahezu bei jedem Mal Kofferraum auf- und zumachen aus ihrer Verankerung, weshalb sie sodann senkrecht stehen bleibt und somit das Sichtfeld nach hinten gänzlich blockiert. Unzählige Male musste ich im Test nach dem Losfahren nochmals Stehenbleiben, um die Hutablage nach unten zu korrigieren. Mühsam.
Auch krass: Im BMW i7 habe ich mich noch beschwert, dass ich mir das Hosenbein beim Ein- und Aussteigen am Seitenschweller schmutzig mache, weil die Türe nicht darüber hinweg geht. Jetzt, nach dem Dolphin-Test ist mir auch klar warum. Denn reicht die Türe über den Schweller hinweg, so besteht die Gefahr bei hohen Randsteinen mit der Türe dagegenzudonnern. Was schade ist, denn ansonsten ist es wirklich eine Kunst mit dem Dolphin irgendwo anzufahren, denn die serienmäßige 360 Grad Kamera hat top Bildwinkel und lässt sich angenehm vom Lenkrad aus starten. So schön hatte ich die Felgen lange nicht im Blick.
So viel kostet der BYD Dolphin
BYD hat es schon geschickt gemacht und ist mittlerweile in den Köpfen der Leute als günstige Marke verankert. Selbst Auto-Kenner werden durch die proklamierten Angebotspreise getäuscht. Unsere einzigartige Preis-Reichweite-Grafik mit Brutto-Listenpreisen und WLTP-Reichweiten schafft hier einen Überblick. Schließlich ist unser BYD Dolphin Design – das ist die höchste Ausstattungsvariante mit dem größeren Akku – mit 38.390 Euro nur ein wenig günstiger als ein deutlich größeres Tesla Model 3. In der günstigsten Ausstattungslinie Active startet der Dolphin bei 31.380 Euro, hat allerdings auch nur die kleinere 44,9 kWh Batterie verbaut. Wie sich die Preise ab 4. Juli 2024 verändern – wenn die EU-Strafzölle starten – wird sich zeigen.
Fazit
Hier bin ich mir sicher, dass die Chinesen gut zuhören und spätestens das Facelift die meisten meiner genannten Wünsche erfüllt. Bis dahin bleibt der BYD Dolphin ein durchschnittlicher Kompaktstromer, der wohl Personen anspricht, die weniger Anspruch beim Detail haben, und der mit attraktiver Garantie, Euro NCAP und drei ISOFIX-Anbindungen punktet. Und bitte, BYD, legt den beißenden Weichmacher-Geruch im Innenraum früher als später ab. Ich kenne Leute, die davon Kopfschmerzen bekommen.