Der MG MG4 Electric Luxury im Test!
Letzten Herbst habe ich den MG MG4 Electric Luxury als eines der wichtigsten Elektroautos für 2023 angekündigt. Jetzt stellt er sich dem autofilou-Test.MG4 Electric: Der letzte Feinschliff fehlt (noch)
Wer hohe Erwartungen hegt, wird öfter enttäuscht. So wie ich zuletzt beim Test des MG4 Electric Luxury. Aber keine Panik: Seine Achillesferse ist „nur“ die Software. Und deren Probleme können per Update behoben werden. Doch lasst mich mit den erfreulichen Dingen anfangen:
Klassenschnellster beim Laden!
Denn als Elektroauto macht der MG MG4 Electric seine Sache ausgezeichnet. In der Klasse der Kompaktwagen (von Renault Megane E-Tech bis CUPRA Born) kommt derzeit keiner an seine Ladezeiten heran. 26 Minuten und 35 Sekunden von 5–80 Prozent beziehungsweise 25 Minuten und 10 Sekunden von 10–80 Prozent sind Benchmark. Und zwar wiederholbar! Insgesamt fünf Mal war ich während meines Testzeitraums am Schnelllader und dank der Möglichkeit des manuellen Vortemperierens (Achtung: Diese Funktion bleibt auch nach einem Ladevorgang aktiv!) sind diese Werte jederzeit erreichbar, auch bei Außentemperaturen von um die 0 °C. Mehr als 51 kWh zieht der MG4 Electric an der entsprechenden Ladestation (150 kW oder mehr) in 30 Minuten aus dem Netz – bei einer Brutto-Batteriekapazität von 64 kWh. So viel laden bislang nur Fahrzeuge mit bedeutend größerer Batterie (z. B. EQA 250; 78,8 kWh brutto) nach. Chapeau!
Reichweite OK
Schnell Nachladen ist jedoch nur ein wichtiger Parameter eines guten Elektroautos, brauchbare Reichweite ein anderer. Schließlich möchte man vielleicht auch mal mit einem Kompaktwagen in den Urlaub fahren oder sei es nur ein Wochenendausflug nach München, wie in meinem Fall. Nach 909 zurückgelegten Kilometern bei Temperaturen zwischen −3 und +14 °C lag der Verbrauch des MG4 Electric Luxury bei 23,1 kWh/100 km – bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 98,5 km/h und zwei Personen plus Gepäck an Bord. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Überland-Reichweite von 260 Kilometern. Hier die Streckendaten für Interessierte zum Nachsehen:
Roadtrip | °C | Straße | Wind-m/s | Wind-Richtung | km | hh:mm | ⌀–km/h | HM | ⌀–kWh | SoC Start | SoC Ankunft | Reichweite (SoC) | Ladetyp | hh:mm:ss | SoC Start | SoC Ende | kWh nachgeladen |
Wien 20–Wels | 14–8 | trocken | 4,0 | W–>O | 223,0 | 01:54 | 117,4 | 147 | 23,7 | 100 | 14 | 259 | DC-Schnelllader | 00:32:00 | 14 | 88 | 48,01 |
Wels–Ried im Innkreis | 9–7 | Regen | 2,5 | W–>O | 53,4 | 00:35 | 91,5 | 204 | 26,2 | 88 | 66 | 243 | 11 kW-AC | – | 66 | 100 | 25,40 |
Ried im Innkreis–München | 3–2 | trocken | 6,0 | W–>O | 179,1 | 02:17 | 78,4 | 48 | 20,6 | 100 | 42 | 309 | Nicht nachgeladen | – | – | – | – |
München–Dorfen | −3–−1 | feucht | 3,5 | NO–>SW | 66,1 | 00:47 | 84,4 | −67 | 21,3 | 42 | 17 | 264 | DC-Schnelllader | 00:15:00 | 17 | 65 | 31,20 |
Dorfen–Wels | 0–1 | nass | 3,5 | NO–>SW | 162,9 | 01:40 | 97,7 | −188 | 20,0 | 65 | 5 | 272 | DC-Schnelllader | 00:20:00 | 5 | 65 | 38,16 |
Wels–Pöchlarn | 3–4 | trocken | 4,0 | NO–>SW | 100,8 | 00:59 | 102,5 | −100 | 24,0 | 65 | 25 | 252 | DC-Schnelllader | 00:16:30 | 25 | 72 | 30,58 |
Pöchlarn–Wien 21 | 4–3 | trocken | 5,1 | NO–>SW | 123,3 | 01:03 | 117,4 | −52 | 26,1 | 72 | 17 | 224 | Nicht nachgeladen | – | – | – | – |
GESAMT bzw. DURCHSCHNITT | 908,6 | 09:15 | 98,5 | −8 | 23,1 | 260 | 01:23:30 | 173,35 |
Bei 8 °C Außentemperatur und 130 km/h nach GPS verbrauchte der MG4 Electric 24,6 kWh/100 km, was immer noch etwa 240 Kilometern an Reichweite entspricht. Wer sich im 80–10-Prozent-Fenster bewegt, kann somit 170 Kilometern zwischen den Ladestopps fahren. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor verbrauchte der Konkurrent CUPRA Born 25,0 kWh/100 Kilometer was in seinem Fall 230 Kilometern Reichweite entspricht. In der Stadt waren 15–18 kWh/100 km die Realität bei winterlichen Temperaturen.
Aber Vorsicht: Diese Werte „gelten“ nur für die Luxury-Variante, denn nur sie hat eine Wärmepumpe an Bord. MG4 Electric Standard und Comfort könnten bei aktivierter Heizung (also vor allem im Winter) höhere Verbräuche aufweisen.
So fährt sich der MG4 Electric Luxury
„Weichgespült“, könnte man es in einem Wort zusammenfassen. Fahrer und Beifahrer nehmen auf weichen Sitzen Platz, die Lenkung ist mehr taub als direkt und das Fahrwerk eher komfortabel denn sportlich. Zwar klebt der Stromer auf der Straße und schwänzelt beim flotten Kurvenfahren auch mal mit dem Heck, doch für den finalen Sportwagenschreck fehlt ihm ein wenig Punch. 204 PS und 250 Nm Drehmoment werken aktuell an der Hinterachse. Eine Allrad-Variante und eine Variante mit 77 kWh folgen.
Ja selbst die Rekuperation geht es gemütlich an und für One-Pedal-Driving ist sie leider zu schwach. Zur komfortablen Ausrichtung passt die allgemein gute Geräuschdämmung. Allerdings klirrt Regen gewaltig auf der vermeintlich dünnen Windschutzscheibe. Aufgefallen sind mir auch der laute Motor der elektrischen Sitzverstellung und das laute Klacken des Blinkers. Beides darf als Cherry-Picking meinerseits bezeichnet werden. Wer es also gerne gemütlich hat, der erfreut sich über den MG4. Renault Megane und CUPRA Born sind deutlich sportlicher ausgelegt.
Die Problemstellen des MG4 Electric
Apropos Blinker: Dessen Lautstärke ist eigentlich verstellbar in MG-Modellen. Doch im verschachtelten Menü des MG4 konnte ich es nicht finden. Generell bräuchte die Infotainment-Software dringend ein umfangreiches Update. Viele Touchflächen sind zu klein und reagieren noch dazu schlecht. Aber nicht nur die Software des Infotainmentsystems könnte eine Überarbeitung vertragen, auch die Steuerung des Tempomaten. Mit kurzem Tastendruck springt die Geschwindigkeit in 5 km/h-Schritten nach oben oder unten und mit langem Tastendruck in 1er-Schritten, also genau falsch herum. Logisch und praktisch ist das keinesfalls (siehe auch mein Reichweiten-Video oben). Selbst nach zwei Wochen mit dem Auto quälten mich viele dieser Themen.
Erfreulich ist die Auflösung des Fahrerinformationsdisplays. Dieses ist gestochen scharf. Auch die Funktion der Abbiegekamera (eingeblendet im Infotainmentdisplay) ist hilfreich, um den einen oder anderen Fahrradfahrer frühzeitig zu erkennen. Generell ist die Sicht hintenraus echt OK. Nur die Auflösung der Rückfahrkamera entspricht immer noch nicht meinen Vorstellungen. Gespart wurde auch bei der Gurthöhenverstellung und bei Leselichtern in der zweiten Sitzreihe.
Konkurrenzlos günstig
Unterm Strich kann man über die Probleme aus zwei Gründen hinwegsehen. Zum einen, weil das meiste eben per Software behoben werden kann und zum anderen, weil der MG4 schlichtweg konkurrenzlos günstig vorfährt. 40.000 Euro für das Topmodell – da geht es bei anderen, gefühlt, gerade erst los. Wer zum Beispiel einen vergleichbaren Renault Megane E-Tech will, der legt nahezu 50.000 Euro auf den Verkaufstresen. Selbst ein CUPRA Born ist in weiter Ferne. Die einzige Konkurrenz kommt mit dem ZS EV aus dem Hause MG selbst.
Fazit
Der MG MG4 Electric Luxury ist im Großen und Ganzen kein schlechtes Auto, doch im Detail fehlt der Feinschliff. Was aber nur dann tragisch ist, wenn der Kompaktwagen innerhalb der nächsten Monate nicht die notwendigen Software-Updates erhält. Das gilt für Infotainment inkl. Sprach- und Tempomat-Bedienung sowie für die Rekuperationsleistung. Die Garantie (7 Jahre oder bis 150.000 km) und der Preis sind jedenfalls wieder einmal ein Statement von MG.