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Renault Scenic E-Tech Electric Ionic 220 PS long range im Test!

Der Renault Scenic E-Tech will vieles sein: Familienfreund, Elektro-Vorreiter und Designstatement in einem. Und ja – er kann einiges davon. Platz, Komfort und Alltagstauglichkeit? Top. Geräuschdämmung? Vorbildlich. Aber: Wo liegen die Aber? Der Test.

Renault Scenic E-Tech Electric: Gemischte Gefühle!

Renault nennt ihn einen „stylischen Familienfreund mit ordentlich Reichweite und viel Platz“ – irgendwo zwischen Kompakt-SUV und Van für die neue Zeit. Klingt nach dem perfekten Allrounder, oder? Nun ja… fast. Denn während der Scenic E-Tech in manchen Disziplinen wirklich überzeugt – etwa beim Platzangebot, der cleveren Rückbank oder der feinen Geräuschdämmung – sorgt er in anderen Momenten eher für Stirnrunzeln. Von der Sitzergonomie über das Infotainment bis hin zur Ladeleistung zeigt der Franzose Licht und Schatten, aber der Reihe nach.

Erste Reihe – erste Zweifel

Ganz ehrlich: Mit der Sitzhöhenverstellung des Fahrersitzes bin ich nicht warm geworden. Hier wurde offensichtlich gespart, denn beim Hochfahren hebt sich nur der hintere Teil der Sitzfläche – das sorgt für ein unangenehmes Kippgefühl. Auch die Sitzfläche selbst ist zu kurz geraten, was auf langen Strecken drückt. Immerhin gibt’s eine Gurthöhenverstellung.

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Photo © Renault/Clememt Choulot

Für große Fahrer ungünstig: Der digitale Innenspiegel ist zu tief montiert und verdeckt die Sicht nach vorne rechts. Die zugehörige Kamera sitzt immerhin clever im Innenraum hinter der Heckscheibe – so bleibt sie sauber, und der Heckwischer erledigt den Rest. Der digitale Spiegel bringt, wie so oft, das Fokusproblem für die Augen, lässt sich aber in einen normalen Spiegelmodus umschalten. Dann allerdings behindern die massiven Fondkopfstützen die Sicht nach hinten. Ergebnis: ein klassisches Dilemma – digital oder analog, wirklich ideal ist beides nicht. Apropos Kamera: Die Rückfahrkamera schaltet bei Annäherung automatisch auf eine eher unpraktische Perspektive. Einstellmöglichkeit? Fehlanzeige.

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Photo © Renault Österreich/Tizian Ballweber

Die akustischen Warnsignale sind dafür angenehm dezent. Weniger zuverlässig ist die Verkehrsschilderkennung, die hier und da ein Schild übersieht oder doppelt meldet. Der Gangwahlhebel sitzt an ungewohnter Stelle – und ja, ich habe ihn anfangs regelmäßig mit dem Wischerhebel verwechselt (obwohl mir das aus dem Mégane E-Tech bekannt war). Dazu kommt: Für Richtungswechsel muss der Scenic komplett stehen und der Hebel mit Nachdruck gedrückt werden. Sonst geht’s, wie auch beim Renault 5, einfach in dieselbe Richtung weiter – was schon mal für Verwirrung sorgen kann. Positiv: Die Wischerdüsen sitzen direkt auf den Scheibenwischern – das sorgt bei jedem Wetter für klare Sicht.

Das Infotainmentsystem leistete sich während einer Autobahnfahrt einen spontanen Neustart – ohne Vorwarnung. Außerdem gibt’s nur einen einzigen Tripzähler. Und das Symbol der Lenkradheizung findet sich kurioserweise auf der Beifahrerseite, direkt neben dessen Sitzheizung. Nach kurzer Eingewöhnung kein Drama – aber seltsam bleibt’s trotzdem. Immerhin: Die Sitzheizung wird rasend schnell warm, deutlich flotter als die eher gemütliche Lenkradheizung.

Der Schlüssel? Schön schlank und das Keyless-Go-System funktioniert tadellos – hier könnten sich andere Hersteller wirklich eine Scheibe abschneiden. Was fehlt, ist ein digitaler Handyschlüssel – wie ihn Tesla schon seit Jahren bietet.

Familien- & Beladungsfreund

In Sachen Alltagstauglichkeit sammelt der Scenic E-Tech Pluspunkte. Die Rückbank ist dreigeteilt umklappbar, hat eine Skidurchreiche und insgesamt gibt’s gleich drei ISOFIX-Sitzplätze (zwei hinten, einer vorne). Der Top-Tether für den Kindersitz ist allerdings gut versteckt – etwas fummelig.

Die hinteren Türen öffnen weit – ein Segen beim Einsteigen oder Kindersitzmontieren. Die Beifahrersitzlehne lässt sich komplett nach vorne klappen – ideal für besonders lange Gegenstände. Der doppelte Ladeboden im Kofferraum kostet extra, einen Frunk unter der Haube gibt’s leider nicht. Und die flächenbündigen Türgriffe sehen zwar schick aus, sind in der Praxis aber unhandlich.

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Photo © Renault/Clememt Choulot

Die maximale Zuladung liegt bei 530 Kilogramm. Trotz der großen Batterie (über 90 kWh) bleibt der voll ausgestattete Scenic mit 1.911 Kilogramm unter der Zwei-Tonnen-Marke. Die 30-Minuten-Dauerleistung beträgt 55 kW, was die motorbezogene Versicherungssteuer erfreulich niedrig hält – 303,96 Euro im Jahr.

So fährt sich der Renault Scenic E-Tech

Angenehm leise, komfortabel und insgesamt sehr souverän. Bis etwa 60 km/h sind die Abrollgeräusche kaum hörbar, darüber hinaus nehmen die Windgeräusche an den B-Säulen zu – besonders für große Fahrer, die weit hinten sitzen. Die Lenkung ist direkt, bietet aber wenig Gefühl, und der Wendekreis ist groß. Renault gibt dafür nur den Spurkreisdurchmesser von 10,92 Metern an.

Die Beschleunigung ist geschmeidig, aber wenig bissig. Der typische Elektroschub fehlt – trotz 218 PS und 300 Nm Drehmoment. Dafür gibt’s Wippen am Lenkrad, mit denen sich die Rekuperationsstärke einstellen lässt. Seit Mitte 2025 fährt der Scenic sogar komplett per Rekuperation bis zum Stillstand – sprich: echtes One-Pedal-Driving.

Ladezeiten & Verbrauch

Serienmäßig lädt der Scenic mit 11 kW AC, optional mit 22 kW. Damit ist die nutzbare 87-kWh-Batterie in rund fünf Stunden wieder voll. An der Schnellladesäule sind maximal 150 kW drin. Die offiziellen 37 Minuten von 15 auf 80 Prozent sind aber nicht mehr ganz up-to-date – 400-Volt-Konkurrenten schaffen das in unter 30 Minuten, 800-Volt-Modelle sogar in 15 Minuten oder weniger. Der Ladeanschluss vorne rechts ist dafür angenehm praktisch platziert.

Trotz serienmäßiger Wärmepumpe ist der Verbrauch recht hoch: 24 kWh/100 km in der Stadt (bei −1 bis +4 °C) und 29 kWh/100 km auf der Autobahn im Comfort-Modus ohne Klimaanlage. Andere Tester kamen zu ähnlichen Ergebnissen. Für die montierten Continental WinterContact TS 870 P im Format 235/45 R20 ist eine Kraftstoffeffizienz der Klasse C ausgewiesen – solide, aber nicht top. Realistisch sind damit 360 Kilometer Stadt- und rund 300 Kilometer Autobahnreichweite. Unverständlich bleibt, warum der technisch eng verwandte Nissan Ariya seinen Akku vorkonditionieren kann, der Scenic E-Tech aber nicht.

Preise & Konkurrenz

Günstig ist anders. Der Scenic E-Tech startet mit 60-kWh-Akku bei 40.890 Euro, mit großer Batterie bei 47.890 Euro. Mein voll ausgestatteter Testwagen – inklusive 360-Grad-Kamerasystem, digitalem Innenspiegel und Glasdach – kommt auf 55.330 Euro. Plus 360 Euro Auslieferungspauschale.

Zum Vergleich: Ein ähnlich großer BMW iX1 startet bei 46.788 Euro (64,8 kWh), der Peugeot E-3008 bei 48.550 Euro (73 kWh) bzw. 52.650 Euro (98 kWh). Der neue Škoda Elroq kostet mit 59-kWh-Akku 39.990 Euro, mit 82-kWh-Akku 45.490 Euro. Die Konkurrenz schläft also nicht – im Gegenteil.

Fazit

Der Renault Scenic E-Tech ist ein rundum sympathisches Auto mit vielen cleveren Ideen – aber auch einigen Ecken und Kanten. Komfort, Platzangebot und Alltagstauglichkeit überzeugen, die Ergonomie, Ladeleistung und Software hingegen weniger. Er fährt leise, angenehm und unaufgeregt, doch so richtig emotional wird’s selten. Kurz gesagt: Der Scenic E-Tech ist ein grundsolider Elektro-Familienfreund, der aber noch etwas Feinschliff vertragen könnte. Beim Preis dürften die Franzosen ruhig zwei, drei Tausender nachlassen – dann wäre das Gesamtpaket deutlich stimmiger.

2025 Renault Scencic E-Tech Electric test drive review fahrbericht dezir rot red
Photo © Renault Österreich/Tizian Ballweber
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