Der 2022 Polestar 2 Long Range Single Motor im Test!
Mehr „normales“ Auto als beim vollelektrischen Polestar 2 Long Range Single Motor bekommt man derzeit nicht. Es gibt konventionelle Türgriffe, er fährt sich entspannt (nicht E-Auto-typisch mit viel Karacho) und kommt ohne Design-Spompanadeln aus. Die Reichweite ist top und das Nachladen ebenso. Verbesserungspotential gibt es dennoch. Der Test!Polestar 2 Long Range Single Motor: Gewöhnlich muss nicht schlecht sein!
Für gewöhnlich ist „gewöhnlich“ kein Adjektiv, das man stolz nach außen trägt. Der Polestar 2 könnte es dennoch. Obwohl als hierzulande weniger beliebte Limousine auf die Welt gekommen, verdreht er selbst ein Jahr nach der Markteinführung Köpfe. Noch zu selten sieht man die fesche Limousine aus China mit schwedischem Einfluss auf unseren Straßen. Dabei hätte der Polestar 2 Long Range Single Motor das Zeug dazu, zum „Volkswagen“ zu werden. Die allgemeinen Themen behandelte Kollege Christoph schon in seinem Test zum Allrad-Polestar 2 von Anfang 2022. Lasst mich deshalb nachfolgend direkt auf die Details eingehen, die ich entdeckt habe.
Der Polestar Polestar 2 Long Range Dual Motor im Test!
Schnell, stark und schön zeigt sich der Polestar 2 im autofilou-Test, allerdings mit hohem Verbrauch und knappen Abmessungen im Innenraum.
Im Klinsch mit der Sitzposition
Los geht’s mit der Sitzposition. Die ist für größere Fahrer leider nicht optimal. Mitunter weil die Mittelkonsole im vorderen Teil zu breit geraten ist. Sie zwingt mich förmlich dazu, weit hinten zu sitzen – also mit gestreckteren Beinen. Damit einher geht der Nachteil, dass ich das Lenkrad (und den Touchscreen) nicht mehr richtig erreiche – auch bei aufrechtstehender Sitzlehne und vollständig zu mir gezogenem Lenkrad. Die optimale Sitzposition finden hier wohl nur Fahrer bis (geschätzt) 1,80 Meter Körpergröße und schlanken Oberschenkel. Apropos Mittelkonsole: Sie hat hier und dort scharfe Kanten und ist vollends aus nicht nachgebendem Kunststoff aka Hartplastik. Ansonsten macht der Innenraum einen schlichten, eleganten Eindruck. Produziert wird der Polestar 2 übrigens im chinesischen Luqiao.
Platzangebot in Ordnung
Sitze ich so, dass es für meine Beine am angenehmsten ist, bleibt hinter mir kaum mehr Platz als z. B. im Volvo XC40 bzw. im C40. Nur, dass die beiden 27 Zentimeter kürzer sind als der 4,6 Meter lange Polestar 2. Hinter mir finden so höchstens Jugendliche Platz. Gehe ich den Kompromiss ein und fahre weiter nach vorne, könnte ich immer noch nicht hinter mir selbst Platznehmen, aber zumindest „normalgewachsene“ Erwachsene hätten dann genügend Beinfreiheit in Reihe 2. Immerhin für meinen Kopf ist genug Platz vorhanden. Das Weglassen des Sonnenrollos vom Panoramaglasdach hat sich ausgezahlt.
Bitte etwas mehr Kofferraumvolumen
Eine Reihe weiter hinten erfreut die weit öffnende Heckklappe. Die dahinter verborgenen 405 Liter Kofferraumvolumen (41 Liter davon unter dem Kofferraumboden), dürften, der Fahrzeugklasse entsprechend, gerne gen 500 gehen. Immerhin finden sich – trotz Frontantrieb – unter der Motorhaube weitere 35 Liter Volumen (z. B. für schmutzige Ladekabel). Zum Vergleich: der gleichlange Kombi MG5 Electric hat 479 Liter Kofferraumvolumen und die meisten Elektro-SUV mit ähnlicher Außenlänge etwas über 500 Liter.
Aber kommen wir zu richtig Positivem:
Die Reichweite des Polestar 2 Long Range Single Motor
Über mehrere lange Autobahnetappen hinweg (insg. ~700 km) – allesamt mit 130 km/h nach GPS gefahren – ermittelte ich einen Durchschnittsverbrauch von 22,2 kWh/100 km. Damit ergibt sich eine durchschnittliche Autobahnreichweite von etwa 340 Kilometer bei knapp 20 Grad Celsius Außentemperatur, kaum Wind und leichtem Regen. Ein, ohne Zweifel, tadelloser Wert. Und selbst an Tagen mit Gegenwind, Regen und kälteren Außentemperaturen sind wohl etwa 300 Autobahn-Kilometer drin.
Ob die von Polestar geforderten 3 bar Reifendruck für die hohe Reichweite verantwortlich sind? Mit großer Wahrscheinlichkeit. Andere Fahrzeuge dieser Gewichtsklasse (~2.000 kg) fahren mit 2,5 bar Druck in den Pneus. Sei’s wie’s sei. Der Fahrkomfort leidet offenbar nicht darunter, wenngleich das Fahrwerk doch auf der strafferen Seite zu Hause ist.
Wer sich im „optimalen“ Ladefenster bewegt – im Fall des Polestar 2 Long Range Single Motor liegt das zwischen 10 und 80 Prozent – kommt somit auf der Langstrecke zwischen den Ladestopps rund 230 Kilometer weit. Ein Spitzenwert! Das Aufladen von 10–80 % dauert am Hypercharger im Idealfall 35 Minuten. Klingt zwar lange, ist im Konkurrenzvergleich (400 V, ~80 kWh Kapazität, …) dennoch auf der flotteren Seite zu Hause. Im Test (angesteckt bei 0 %) waren es knapp 37 Minuten und angesteckt bei neun Prozent 35 ½-Minuten.
Das auf Android basierende Infotainmentsystem (inkl. Google Maps) beherrscht Laderoutenplanung inklusive der Vorauswahl gewünschter Ladeanbieter und Mindestgeschwindigkeiten. Die Temperatur der Zweizonen-Klimaautomatik ist hier jedoch leider nur in ganzen Grad Celsius-Schritten verstellbar.
Wer sich bei frühlingshaften Temperaturen urban aufhält, dem wird das volldigitale 12,3 Zoll Fahrerinformationsdisplay zwischen 17 und 20 kWh/100 km anzeigen. Je nachdem wie sehr man die in drei Stufen einstellbare Rekuperation nutzt und die „Leistung“ des Polestar 2 Long Range Single Motor auskostet.
Ein Schuss mehr Leistung erwünscht
Mit dem 231 PS starken Frontmotor reißt man leider keine Bäume aus. 7,4 Sekunden sind eines Elektroautos fast schon unwürdig – auch wenn mehr Leistung die Vorderräder nur noch mehr quälen würde. Aber vor allem für Überholvorgänge wünsche ich mir den zweiten Motor aus dem Allradmodell (Dual Motor) zurück. Für die zweite Maschine an der Hinterachse sind allerdings weitere 3.000 Euro fällig. 3.000 Euro mit denen man bei einem Testdurchschnittsverbrauch von 20 kWh/100 km und einem Energiepreis von – Annahme – 0,4 Euro/kWh immerhin fast 40.000 Kilometer weit mit dem Single Motor-Polestar 2 fahren könnte. Der Mehrzahl an Elektroautobesitzern wird das jedoch egal sein, unterscheidet sich die monatliche Leasingrate zwischen Single Motor und Dual Motor doch nur um etwa 30 Euro.
Mein Fazit zum Polestar 2 Long Range Single Motor
Wer ein gewöhnliches Auto mit Elektroantrieb sucht, der ist hier an der richtigen Stelle. Auch wenn das wie eine Beleidigung klingt, so ist das durchaus positiv gemeint. Der Polestar 2 Long Range Single Motor erfüllt die für das Gros an Leuten wichtigen Attribute mit der Schulnote 1. Er lädt schnell, kommt weit, ist preislich attraktiv (in Relation zu anderen E-Autos) und fährt sich gut. Abgesehen davon gehört sein Infotainment zu den besten am Markt, die maximale Anhängelast (1.500 kg) ebenso. Nur beim Platzangebot im Innen- und Kofferraum wünschte ich mir ein Quäntchen mehr. Dennoch: Prädikat Empfehlenswert!
Der 2024 Polestar 2 Long Range Single Motor im Test!
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