Der Polestar Polestar 2 Long Range Dual Motor im Test!
Schnell, stark und schön zeigt sich der Polestar 2 im autofilou-Test, allerdings mit hohem Verbrauch und knappen Abmessungen im Innenraum.Polestar 2 LR Dual Motor: Schicker Slim-fit Anzug
Es gibt Autos, bei denen spielt das Infotainment-System bloß eine untergeordnete Rolle. Man könnte meinen, es würde einfach nach der Fertigstellung von Karosserie und Motor eine Standard-Lösung eingebaut, die eigentlich nichts mit dem Fahrzeug zu tun hat, sondern bloß ein besseres Radio darstellt. Und dann gibt es Fahrzeuge, bei denen das Infotainment-System eine Kern-Funktion darstellt und eine Schnittstelle zu (fast) allen relevanten Systemen bietet, interessante Daten gut aufbereitet anzeigt und dabei im Idealfall auch noch intuitiv bedienbar ist. So ist das zum Beispiel bei Tesla und teilweise bei BMW oder Mercedes-Benz – und auch beim Polestar 2.
Klar haben Elektrofahrzeuge bei der Bereitstellung der Daten einen Vorteil. Während bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren viele Daten erst über zusätzliche Sensoren gemessen werden müssen, haben E-Autos diese Informationen bereits im System integriert: Akku-Ladestand, momentane Leistung oder Restreichweite können einfach ausgelesen und angezeigt werden. Klingt einfach, ist es aber nicht – zumindest, wenn man sich die Fülle an E-Autos ansieht, die diese Anforderungen nicht ordentlich hinbekommen, die momentane Ladeleistung verschweigen oder die Prognose für die verbleibende Reichweite nach einer mit dem Navi geplanten Fahrt ziemlich verhunzen.
Der Polestar 2 setzt auf Google
Damit die schwedisch-chinesische Premium-Alternative sich hier keine Blöße gibt, setzt man beim Infotainment-System auf ein natives Google-System, das die bekannten Apps und Features wie Google Assistant („Hey Google“), Google Maps und über den Play Store noch viele weitere Apps bietet. Während über den 11,15 Zoll großen Touchscreen Infotainment, Klima und Navigation gesteuert werden, gibt das 12,3-Zoll-Instrumentendisplay Aufschluss über Geschwindigkeit, Verbrauch und Tempomat mit Spurhalteassistent und Lenkunterstützung.
Wer die aktuelle Bedienung bei Volvo kennt, wird sich auch bei Polestar schnell zurechtfinden. Die flache Menüführung am Mitteldisplay fühlt sich zwar nicht immer nach dem schnellsten Weg an, ist aber leicht zu verstehen. Und mit Google Maps als nativem Navigationssystem kann man nun endlich die Routenführung im Auto verwenden, die viele ohnehin schon verwendet haben. Das im 4.500 Euro teuren Plus Paket inkludierte, 600 Watt harman/kardon®-Premium Sound System liefert ein präzises Klangbild und ausgezeichnete musikalische Untermalung.
Und noch ein Wort zum Infotainment: Zu Beginn des Tests lieferte das System falsche Informationen. Ein Reset (20 Sekunden Drücken der Home-Taste) konnte jedoch alle Fehler beheben.
Wendet man den Blick von der Elektronik ab, findet man im Polestar 2 ein nordisch schlicht designtes Interieur, das mit hochwertigen, veganen Materialien, dezenten Farben und einem großen Glasdach (Teil es Plus Pakets) für wohnliche Atmosphäre sorgt. Leider wirken die kompakten Abmessungen diesem Gefühl entgegen. Selbst auf dem Fahrersitz wird es durch die schmal geschnittenen Sitze und die breite Mittelkonsole mitunter eng. Hin und wieder bin ich mit dem Knie zwischen Lenkrad und Mittelkonsole stecken geblieben. Auch in der zweiten Reihe ist das Platzangebot nicht viel besser. Die Beinfreiheit ist in Anbetracht der Fahrzeuglänge von 4,61 Meter gering und große Personen stoßen sich den Kopf am Dachhimmel. Der Platz ist wohl in den Kofferraum geflossen, der mit 405 Litern (+ 35 Liter im Frunk) gar nicht so klein ausfällt. Zum Vergleich: Eine 2 cm längere BMW 3er Limousine hat 480 Liter Kofferraum
So fährt sich der Polestar
Der Polestar 2 Long Range Dual Motor ist das Topmodell der Baureihe. Er hat eine 78 kWh große Batterie verbaut, wovon 75 kWh auch tatsächlich nutzbar sind. Zudem sitzt sowohl an der Vorder- als auch an der Hinterachse ein 204 PS starker Permanentmagnet-Synchronmotor von Valeo-Siemens. In Kombination leisten die beiden Motoren wie im Volvo XC40 Recharge Pure Electric Twin 408 PS und bescheren dem 2.131 kg schweren Polestar 2 eine brachiale Beschleunigung von nur 4,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Maximal sind 205 km/h möglich. Auch wenn der Polestar gut gedämmt ist und es selbst bei höheren Geschwindigkeiten im Innenraum leise bleibt, machen ihn die satte Straßenlage und die straffe Federung zu einem Sportler. Leider auch der Verbrauch. Etwa 25–26 kWh auf 100 km benötigt er auf der Autobahn, rund 22 kWh in urbanem Gebiet – was etwa 300 Autobahn-Kilometer bzw. 340 Stadt-Kilometer ergibt.
Beim Laden ist der Polestar 2 mit maximal 155 kW Leistung im Mittelfeld. Laut Datenblatt ist eine Ladung von 10 auf 80 % in 35 Minuten möglich. Im Test hat es ziemlich genau 38 Minuten gedauert. Jenseits der 80 % lädt der Polestar 2 immerhin noch mit über 30 kW – anders als zum Beispiel der Ford Mustang Mach-E, der hier auf 12 kW einbricht. So kommt man Überland im Polestar realistisch 240 km weit bevor man wieder laden muss.
An der Haushaltssteckdose (3,68 kW) benötigt der Polestar 22 Stunden für eine Ladung von 0 auf 100 %, an der Wallbox kann er 3-phasig mit bis zu 11 kW in etwa 7,5 Stunden vollgeladen werden.
So viel kostet der Polestar 2
Wer den starken Polestar 2 sein Eigen nennen möchte, muss dafür mindestens 53.300 Euro parat haben. Extra kosten das Pilot Paket (+3.500 €) mit Querverkehrs-Warnung, Pilot Assist, 360°-Kamera oder Pixel-LED-Scheinwerfern; das Plus Paket (+4.500 €) mit Wärmepumpe, Premium Soundsystem, Panoramaglasdach oder vollelektrisch verstellbaren Sitzen; und das Performance Paket (+6.000 €) mit geschmiedeten 20-Zoll-Felgen, Öhlins®-Stoßdämpfern, Brembo®-Bremsanlage und goldenen Akzenten bei Gurten und Bremsen. Einen Tausender kostet noch der Metallic-Lack. Macht insgesamt 68.300 Euro vor Abzug der Umweltförderung (5.400 €) und ist damit um mehr als 8.000 Euro teurer als der neun Zentimeter längere Tesla Model 3 Performance. Und ein Hyundai IONIQ 5 Top Line Long Range AWD kostet ähnlich ausgestattet ebenfalls „nur“ knapp über 60.000 Euro.
Fazit
Fahrverhalten und Bedienung haben mir im Polestar 2 äußerst gut gefallen und auch das Design gefällt. Allerdings leidet darunter der Platz im Innenraum. Gerade E-Autos kann man geräumig bauen. Das und der hohe Verbrauch kosten den Polestar eine ausgezeichnete Wertung.