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Der 2024 Polestar 4 LRDM im Test!

Mit dem Polestar 4 bringt die schwedisch-chinesische Marke eine beeindruckende Elektro-Limousine auf die Straße, die jedoch auch einige Fragen aufwirft. Der Test.

Polestar 4 LRDM: What the Heck?!

Schon die Optik des Wagens lässt keinen Zweifel daran, dass man es hier mit einem futuristischen Gefährt zu tun hat. Scharf geschnittene Scheinwerfer, riesige Räder, ausfahrende Türgriffe, keine Heckscheibe und das Ganze dann auch noch in Gold. Die Form ist nicht typisch für eine Limousine, aber irgendwie doch zu flach für ein SUV. Vorne hat der Polestar 4 was von einem Sportwagen, hinten ein bisschen SUV-Coupé. In jedem Fall fällt er auf.

Unter anderem auch wegen den zweigeteilten Matrix-LED-Scheinwerfern. Die punkten mit hoher Leuchtkraft und schneller Abblendautomatik, haben bei der Ausleuchtung aber ein fleckiges Erscheinungsbild. Wie bei den meisten anderen Fahrzeugen werden auch hier entgegenkommende LKWs nicht immer erkannt und somit hin und wieder geblendet.

Digitale Lösungen im Cockpit

Innen ist der Polestar so schön und aufgeräumt wie eh und je. Die Designer setzen auf glatte Flächen, wenig Knöpfe und hochwertige Materialien. Informationen sieht man auf dem 10,2 Zoll großen Instrumentendisplay, dem 14,7 Zoll Head-up-Display oder auf dem riesigen 15,4 Zoll Display in der Mitte. Der Home-Screen zeigt hier immer eine Google Maps-Karte und vier Kacheln an und die wichtigsten Funktionen lassen sich hier direkt finden. Die Untermenüs sind nicht tief, aber für mich war anfangs nicht immer logisch, was wo zu finden ist, aber das lernt man schnell. Fahreigenschaften wie das Lenkgefühl oder die Federung lassen sich dann mit maximal 2 Klicks einstellen. Die Soundanlage ist großartig und sorgt im gut gedämmten Innenraum für tollen Klang.
Dank Plus-Paket und Nappaleder-Upgrade bietet der Polestar 4 außerdem beheiz- und belüftbare Massagesitze, die gleichzeitig komfortabel sind und guten Halt geben und obendrein noch Lautsprecher verbaut haben. In der zweiten Reihe hat man viel Platz für die Knie und die Sitzlehnen lassen sich verstellen. Der Kofferraum bietet 562 Liter Stauraum. Das ist etwas weniger als beim Tesla Model 3, aber mehr als bei einem 3er BMW Touring. Legt man die Rückbank um. Erhält man ein maximales Ladevolumen von 1.535 Litern. Im Frunk gibt es dann nochmal 15 Liter, die gerade für das Ladekabel reichen. Insgesamt nicht schlecht für ein 4,84 Meter langes Fahrzeug.

Der Polestar 4 bietet auch eine Reihe von Assistenzsystemen, wie Abstandstempomat oder Spurwechselassistent. Leider hatte unser Testwagen defekte Lenkradtasten, daher konnten wir diese Systeme nicht testen.

Aber da war ja noch was: Die fehlende Heckscheibe und der digitale Rückspiegel. Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch eine gute Idee. Der Bildschirm ist in keiner Situation besser als ein simpler Spiegel. Nicht nur, dass die Augen beim Wechsel vom Blick auf die Straße in den „Spiegel“ einen Moment brauchen, um scharf zu stellen, der Screen blendet bei Dunkelheit etwas und kann durch Bewegen des Kopfes auch keinen größeren Ausschnitt zeigen. Immerhin: Das Bild im Spiegel stammt von mehr als einer Kamera. Der Ausfall einer Kamera führt daher nicht sofort zum Verlust des gesamten Bildes. Zu guter Letzt können nachfolgende Autos durch die fehlende Heckscheibe nicht durch das Auto hindurchsehen und daher später auf kommende Hindernisse reagieren. Bitte beim Facelift einfach einen Spiegel einbauen und kosten sparen.

2024 Polestar 4 Rückspiegel

Leistung und Verbrauch

Der Polestar 4 hat an jeder Achse einen Motor mit je 272 PS und einem Drehmoment von 343 Nm verbaut, macht insgesamt 544 PS und 686 Nm. Diese Leistung katapultiert die 2,4 Tonnen schwere Limousine in 3,8 Sekunden auf 100 km/h. Schluss ist bei 200 km/h. Erwähnenswert ist dabei, dass sich die Leistung beim Durchtreten des Pedals ähnlich der eines Verbrenners aufbaut. Also nicht linear, wie wir das von anderen Stromern kennen, sondern erst schwächer und dann stärker – vermutlich, um die Antriebswellen zu schonen. Gespeist werden die Motoren dabei mit Energie aus einem brutto 100 kWh großen Lithium-Ionen-Akku mit 94 kWh nutzbarer Kapazität.

Während der Fahrt ist es im Polestar 4 angenehm leise. Geräusche dringen von außen kaum in die Fahrgastzelle und auch die Federung bügelt die meisten Unebenheiten gut weg.
Die gute Dämmung und die große Batterie sorgen allerdings für ein hohes Gewicht. Und dieses wird dem Polestar 4 zum Verhängnis, wenn es um den Verbrauch geht. Nicht nur in der Stadt, wo die Masse bei jedem Anfahren erst einmal in Bewegung gebracht werden muss und deshalb 26–27 kWh/100 km bei Temperaturen um die 10 °C Außentemperatur auf dem Display stehen. Sondern grundsätzlich, weil der 4,84 Meter lange Goldjunge deshalb auf „fetten“ Reifen abrollen muss. Laut Zulassungsschein sind das mindestens 25,5 Zentimeter breite Schlappen in 20 Zoll. Der Testwagen steht auf schicken 22 Zöllern im Format 265/40 des Modells Michelin Pilot Sport Alpin 5 SUV. Abgesehen davon, dass diese pro Stück mit über 300 Euro zu Buche schlagen, ist ihre Rollwiderstandklasse mit C betitelt. Gut, die Konkurrenz ist weder wirklich günstiger noch hat eine besser Rollwiderstandsklasse, aber so wundert es mich auch nicht, dass der Verbrauch auf der Autobahn bei gemittelten 33,0 kWh/100 km liegt und damit meiner Meinung nach um 10 kWh/100 km zu hoch. Hier kann selbst der sonst gute cW-Wert von 0,261 offenbar nicht helfen. So sind auf der Autobahn statt der propagierten 590 km nach WLTP in der Realität bei 10 °C nur knapp 285 km möglich (100–0 %). Bei 80–0 % sind es nur noch 200 km. Das ist leider nicht ganz das, was wir uns bei unserer ersten Sitzprobe erhofft hatten.

Wie schnell lädt der Polestar 4?

Nachgeladen wird theoretisch mit bis zu 200 kW Ladeleistung in 30 Minuten von 10 auf 80 Prozent. Im Test war es mir aufgrund äußerer Einflüsse (anderes Auto stellte sich daneben an die Säule zum Laden, Säule gab nicht genügend Leistung frei, Polestar war nicht vortemperiert, …) leider mehrmals nicht möglich dies nachzuprüfen. Daher gibt es in diesem Testbericht auch keine Ladekurve. Der Vollständigkeit halber dennoch: Die höchste erreichte Ladeleistung lag bei 151 kW.

2024 Polestar 4 Ladekurve

Aber auch AC-seitig braucht sich der Polestar 4 nicht verstecken, denn optional sind hier bis zu 22 kW Ladeleistung möglich. Wer den Luxus einer solchen Ladestation zu Hause zur Verfügung hat, der könnte damit den Akku in raschen fünf Stunden von ganz leer auf ganz voll bringen. Bei 11 kW sind es entsprechend ungefähr 10 Stunden von 0–100 %.

So viel kostet der Polestar 4

Den Polestar 4 gibt es derzeit als Long Range Single Motor Variante ab 59.990 Euro. Der hier getestete Long Range Dual Motor kostet exakt 10.000 Euro mehr. Dazu kommt die Lackierung in Gold Metallic (+1.600 €), das tierschutzgerechte Nappaleder (+5.000 €, laut Polestar kommen die Häute aus Betrieben in Ländern mit hohem Animal Protection Index), das Pilot-Paket (+1.500 €), das Plus-Paket (+5.500 €), das Performance-Paket (+4.500 €) und schließlich noch Sichtschutzglas an den hinteren Seitenscheiben (+500 €). Dann hat man die Aufpreisliste so ziemlich ausgereizt und steht bei 86.590 Euro.

Und die Konkurrenz? Da gibt es mittlerweile auch einiges: Tesla Model 3, Kia EV6, BMW i4, Hyundai IONIQ 6, Mercedes-Benz EQE. Je nach Motorisierung und Ausstattung preislich unter (Tesla Model 3) oder über (Mercedes-Benz EQE) dem Polestar 4, der sich bei Platz, Leistung und Design schön in der Mitte platziert.

Fazit

Der Polestar 4 ist ein beeindruckendes Fahrzeug, das mit Leistung, futuristischem Design und innovativen Features punktet. Die Großzügigkeit im Innenraum löst für mich auch eines der Hauptprobleme des Polestar 2. Mit dem hohen Verbrauch, der dadurch geringen Reichweite und dem unnötigen digitalen Rückspiegel hat er jedoch auch Schwächen. Und bei einem Preis von 86.590 Euro möchte man hier vielleicht keine Abstriche machen.

2024 Polestar 4 von der Seite
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