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Der KIA EV6 GT-line 77,4 kWh AWD Premium im Test!

Der KIA EV6 GT-line 77,4 kWh AWD Premium – das aktuelle Topmodell der Baureihe sowie frischgebackene Car of the Year – im ausführlichen Test von autofilou.at!

KIA EV6: Der bessere IONIQ 5?

Der EV6 ist das erste von elf neuen, batteriebetriebenen Modellen, die KIA bis 2026 einführen will. Dabei nutzt er die in Kooperation mit Hyundai erschaffene Elektroauto-Plattform E-GMP (Electric-Global Modular Platform). Auf der fußt bereits der Hyundai IONIQ 5, der letzten Sommer sein Debüt feierte. Im Gegensatz zu ihm hat der EV6 jedoch nur 2,9 statt drei Meter Radstand (was ihm zu einem Hauch mehr Agilität verhilft), packt aber dennoch 4,8 kWh mehr Batteriekapazität zwischen die Achsen. Zumindest noch bis diesen Herbst, denn dann erhält auch der IONIQ 5 die 77,4 kWh große Batterie des EV6. Gleichzeitig ist der EV6 etwa 3.000 Euro günstiger als der direkte Konkurrent und, nicht zu verachten, KIA bietet die besseren Garantiebestimmungen. Sieben statt fünf Jahre Garantie aufs Gesamtfahrzeug zum Beispiel, auch wenn KIA auf die Hochvolt-Batterie nur sieben Jahre Garantie gewährt, während es bei Hyundai acht Jahre sind.

Beim Kofferraumvolumen muss der EV6 dafür zurückstecken – aber nur um vernachlässigbare 11 Liter (531 zu 520 l; Frunk: 24 zu 20 l). Hier wie dort ist die Rücksitzbank leider nur zweigeteilt umlegbar – ein Nachteil für Skiurlaube zu viert. Platz wäre nämlich mehr als genügend vorhanden im Innenraum. Selbst zwei mehr als 1,9 Meter große Personen haben hintereinander leicht Platz.

Photo © Raphael Gürth/autofilou.at Photo © Raphael Gürth/autofilou.at
2022 KIA EV6 GT-line 77,4 kWh AWD Premium test review black schwarz
2022 KIA EV6 GT-line 77,4 kWh AWD Premium test review black schwarz

Ein Minuspunkt beim Test des IONIQ 5 war der sehr große Wendekreisdurchmesser. Leider verkürzt der kleinere Radstand des EV6 den Wendekreis nur um einen Wert, der kaum der Rede wert ist (11,9 zu 11,6 m). Ich hätte mir für eine bessere Manövrierbarkeit in engen Parkgaragen hier mehr, also weniger [;-)], erhofft. Aber gut, ein 25 Zentimeter kürzerer Mercedes-Benz EQA braucht ebenfalls 11,4 Meter und ein 40 Zentimeter kürzerer MG ZS EV auch noch 11,2 Meter.

Aber genug der Vergleiche, lasst mich zu meinem Spezialgebiet kommen: Der Technik des Antriebs.

Abkoppelbarer Allradantrieb

KIA setzt beim Allrad-EV6 auf zwei PSM (permanenterregte Synchronmaschinen). Abgesehen von vielen Vorteilen (leise, kompakt, gute Wirkungsgrade), haben diese Elektromotoren zwei Nachteile. Erstens: Sie nutzen zumeist Magnete der Seltenen Erden. Zweitens: Sie können nicht frei mitlaufen, sondern wirken beim Mitschleppen wie ein Dynamo. Treibt nur ein Motor an, entwickelt der zweite einen Widerstand. KIA umgeht dieses Problem, indem sie an der Vorderachse eine aktive Trenneinheit verbauen – das sogenannte DAS (Disconnector Actuator System). Dieses System schaltet den Frontmotor im Eco- und Normal-Modus mechanisch erst dann hinzu, wenn er gebraucht wird – für maximale Traktion oder Leistung zum Beispiel. Von beidem hat der EV6 AWD mehr als genug. 325 PS leisten die beiden Motoren im Verbund und entwickeln ein maximales Drehmoment von 605 Nm. Das reicht aus, um den 2,1 Tonner in 5,2 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h zu beschleunigen. Bei exakt 185 km/h ist dann Schluss, hier legt KIA einen elektronischen Riegel vor.

KIA Disconnector Actuator System DAS
Image © Kia Motors Corporation

Große Unterschiede beim Verbrauch

Bei allen E-Autos teste ich gerne die Autobahnreichweite, um zu evaluieren wie weit man realistisch mit einer Ladung kommt. Der Reichweitentest (siehe Video unten) ergab einen Durchschnittsverbrauch von 25,7 kWh/100 Kilometer und somit eine Reichweite von 290 Kilometer (100–0 % SoC). Bei diesem Test filtere ich die Höhenmeter als auch den Wind so weit wie möglich heraus, indem ich mit dem halben Akkustand in die eine Richtung fahre und direkt weiter mit der anderen Hälfte dieselbe Strecke retour. Doch wer nur eine Richtung wählt (z. B. von Wien nach West-OÖ) und dann auch noch den Wind als starken Gegner hat, dem kann es passieren, dass bereits nach 240 Kilometern bei einem Verbrauch von 32 kWh/100 Kilometer Schluss ist. Dafür kann der KIA per se nichts, so ist es mit allen Fahrzeugen, auch Verbrennern. Im Gegenzug erfuhr ich am Rückweg mit starkem Rückenwind 306 Kilometer. Die Wahrheit liegt also wie so oft in der Mitte. Im Sommer werden es eher etwas mehr als 300 Kilometer, im Winter eben schon mal auch nur 240 Kilometer sein. Übrigens: 506 km sind für den KIA EV6 AWD nach WLTP ausgewiesen. Wie es zwischen den Ladestationen aussieht, lest ihr weiter unten im „Kapitel“ zur Ladeleistung.

Ladestopp-Planung wird nachgereicht

Genau dann wäre eine intelligente Zielführung, mit vom Fahrzeug selbst geplanten Ladestopps, hilfreich – nicht nur für E-Auto-Anfänger, sondern auch für Profis. OK, ich höre den einen oder anderen schon sagen:

„Wie oft fährst du eine dir unbekannte Strecke? Für diese wenige Male im Jahr wirst du doch wohl ein paar Minuten Zeit haben, dir vorab ein paar Ladestationen rauszusuchen.“

Ja, so denken allerdings nur Leute, die noch keine Erfahrung mit Fahrzeugen gemacht haben, die das können. Und wenn es die Konkurrenz seit Jahren kann, dann fordere ich dies auch vom EV6. So, wie ich Umkehrschluss immer wieder Keyless-Go und Lenkrad-Heizung als Serienmitgift bei 100.000 Euro Premium-Deutschen fordere. Beides und noch vieles mehr (Tempomat, Vorhang- & Centerairbag, Spurfolgeassistent, 11 kW AC-Laden, 2-Zonen-Klima, 12,3 Zoll Infotainmentsystem mit Navigation, zig USB-Anschlüsse, …) gehört hier zur Serienausstattung. Das Gute: Die Ladestopp-Planung soll via Software-Update noch in diesem Jahr nachgereicht werden.

Ladeleistung des KIA EV6 im Spitzenfeld

Die Ladeleistung ist – selbst ohne Vortemperierung der Batterie – eines der Highlights des EV6. Die versprochenen 240 kW Spitzenleistung habe ich bei zwei beobachteten Ladestopps zwar nie erreicht, doch die Ladekurve selbst verhilft dem Stromer zum Spitzenplatz in meiner Ladeliste. Bemerkenswert: Trotz der nie erreichten 240 kW, verfehlte der EV6 im Test jeweils nur um zwei Minuten die Vorgabe von 18 Minuten von 10 auf 80 Prozent State-of-Charge (SoC). Nach 20 Minuten waren mehr als 50 kWh im Akku und nach 30 Minuten knapp 70 kWh.

Das Großartige: Der KIA EV6 kommt, im Gegensatz zum IONIQ 5, ohne den drastischen Ladeeinbruch bei 81 Prozent aus. Hier lädt er einfach mit mehr als 90 kW weiter. Erst bei 86–88 Prozent „bricht“ die Ladeleistung auf unter 60 kW ein. Wer also zwischen zwei Ladestationen unterwegs ist, kann deshalb bis dorthin aufladen. Ergibt auf der Langstrecke: 78 Prozent real nutzbare Batteriekapazität und somit Reichweite. Ausgegangen von meinen 290 Kilometern Testreichweite wären somit immer noch rund 225 Kilometer nach dem ersten Ladestopp fahrbar. Ein sehr guter Wert im Vergleich zum IONIQ 5 mit 210 Kilometer und Mustang Mach-E mit 200 Kilometer.

Und sonst?

Der KIA EV6 überzeugt auch in anderen Disziplinen. Die Matrix-LED-Scheinwerfer leuchten hell, weit und breit. Das Head-up-Display ist angenehm groß und das Meridian®-Surround-Audiosystem mit 14 Lautsprechern klingt fantastisch. Die Anhängelast gehört mit 1.600 Kilogramm zu den besten im Segment. Und wer das volle Assistenzpaket wählt, der kann sich am teilautomatisierten Fahren (Level 2) mit automatischen Spurwechseln erfreuen. Die Stärke der Rekuperation ist per Schaltwippen am Lenkrad in mehreren Stufen bis hin zu One-Pedal-Driving einstellbar. Dann verzögert der EV6 mit bis zu 0,5 G, während das Bremspedal verstaubt. Einzig einen deutlich niedrigeren Fahrersitz wünsche ich mir für meine 1,93 Meter. So steht der Kopf fast am kleinen Glasdach an und der Innenspiegel schränkt den Blick nach rechts vorne stark ein.

Die Preise des KIA EV6

65.240 Euro kostet mein vollausgestatteter KIA EV6 GT-line 77,4 kWh AWD Premium. So teuer muss er gar nicht sein, denn den Allradantrieb gibt es zum Beispiel schon ab 53.790 Euro. Er ist zugleich immer an die größere Batterie gekoppelt. Wer auf den Allradantrieb verzichten kann, steigt sogar schon bei 49.890 Euro ein. Und wer nicht einmal die große Batterie braucht, sondern mit 58 kWh respektive 394 Kilometer auskommt, bekommt den EV6 bereits ab 43.990 Euro. Alle Preise vor Abzug der Umweltförderung von bis zu 5.400 Euro. Damit ist der EV6 im Konkurrenzfeld zwischen Preis und Reichweite einer der günstigsten.

Preis Reichweite Grafik Vergleich Price Range Comparison Konkurrenz
Der Kaufpreis im Verhältnis zur Reichweite | Picture © autofilou.at

Fazit

Der KIA EV6 ist aktuell eines der besten E-Autos am Markt und hat den diesjährigen „Car of the Year„-Award zu Recht gewonnen. Die nur durchschnittlichen Verbräuche im Winter (sowohl in der Stadt als auch auf der Autobahn) macht er durch die unfassbare Geschwindigkeit beim Nachladen wett. Und obwohl der EV6 (noch) nicht in der Lage ist, seine Batterie für eine maximale Ladeleistung vorzutemperieren, stellt er im autofilou-Test selbst in der kalten Jahreszeit alles bisher Dagewesene in den Schatten. Er fährt sich agiler als der Hyundai IONIQ 5, der dieselbe Fahrzeug-Architektur nutzt, dürfte für meinen Geschmack dennoch gerne einen etwas kleineren Wendekreis vorweisen. Wer mehr Reichweite will, greift zum Heckantrieb. Die Lieferzeit liegt derzeit bei mindestens sechs Monaten.

2022 KIA EV6 GT-line 77,4 kWh AWD Premium test review black schwarz
Photo © Raphael Gürth/autofilou.at
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