Der Volvo C40 Recharge Pure Electric Twin Ultimate im Test!
Im Test zeigt sich der Volvo C40 als das interessantere Geschwisterchen des vollelektrischen XC40. Doch es gibt auch Punkte (Rundumsicht, Kopffreiheit, …) in denen das SUV-Coupé weniger überzeugen kann.Volvo C40 Recharge Pure Electric Twin Ultimate: Vorne pfui, hinten hui
Kennt ihr das vielleicht auch? Ihr lernt jemanden kennen, den ihr wirklich großartig findet und kurz danach trefft ihr auch deren/dessen Schwester/Bruder. Und plötzlich seid ihr euch eurer Gefühle nicht mehr so sicher. So ging es mir jedenfalls kürzlich. Aber nicht mit menschlichen Geschwistern, sondern mit dem Volvo C40 und XC40. In den Volvo XC40 Recharge Pure Electric Twin Pro hatte ich mich ja bereits letzten Herbst verliebt, doch jetzt durfte ich auch die schnittigere Schwester Volvo C40 Recharge Pure Electric Twin Ultimate testen. Ob ich mich umentscheiden würde? Dazu später mehr, lasst mich kurz die herausragenden Eckpunkte der beiden darlegen:
Die Haben-Seite
Hier wie dort stehen wir vor einem 4,43 Meter langen Fahrzeug, das mit Front- oder Allradantrieb (+5.880 €) verfügbar ist. Im Falle des aktuellen Testwagens erneut mit Allradantrieb. Sprich permanenterregte 204 PS an der Vorder- und Hinterachse. Die sorgen für mehr als ausreichend Dampf (4,7 s/0–100 km/h) und Spaß – nicht nur auf der Geraden. Gespeist werden die beiden Motoren von einer 78 kWh (brutto) großen Lithium-Ionen-Batterie, von der satte 96 Prozent, also 75 kWh netto im Alltag genutzt werden können. Beim Aufladen zeigt sich, dass die beiden Volvos hier zu den schnellsten ihrer Art gehören. Schon nach 17 Minuten sind rund 40 Prozent (>30 kWh) und nach 30 Minuten etwa 65 Prozent (~50 kWh) nachgeladen. So schnell sind weder der BMW iX xDrive40 mit ähnlich großer Batterie noch der Ford Mustang Mach-E oder Jaguar I-Pace mit bedeutend mehr Kapazität (>90 kWh). Die maximale Ladeleistung liegt bei 11 kW (AC) bzw. 150 kW (DC).
Hätte ich nicht wieder meine Shell Recharge Ladekarte von Energie Direct an der Hand gehabt, wäre ich wohl an einer SMATRICS-Ladestation gestrandet. Denn die dem Testwagen beigelegte Plugsurfing-Karte funktionierte an SMATRICS-Ladestationen nicht.[*]
Die Kehrseite des Volvo C40…
Die Coupé-hafte Dachlinie des C40 führt unweigerlich zu weniger Kopffreiheit auf der Rücksitzbank und im Falle von großen Fahrern zu stark beeinträchtigter Sicht hintenraus. Ein herannahendes Einsatzfahrzeug rechtzeitig zu erkennen, ist da kaum möglich. Abhilfe würde ein digitaler Rückspiegel schaffen, wie ihn z. B. der Range Rover Evoque hat. Das ist für mich ein schwerwiegendes Argument gegen den C40.
Aufgrund mangelnder Kopffreiheit im Fond gibt es wohl auch kein Sonnenrollo im SUV-Coupé. Macht aber nix, denn das gigantische Panoramaglasdach würde ich eh nicht verstecken wollen, auch wenn man von der ersten Reihe aus gar nicht so viel davon hat, weil der vordere Rahmen inklusive der Sonnenblenden sehr breit ist.
Wo das Coupé hingegen kaum verliert, ist beim Kofferraumvolumen. 413 Liter sind es hier, während der XC40 nur um sechs Liter mehr aufweist. Erfreulich: Es gibt trotz Allradantrieb einen Frunk. Der Kofferraum unter der Motorhaube fasst wie im XC40 31 Liter. Perfekt für selten verwendete Ladekabel oder schmutziges Schuhwerk. Auch hier könn(t)en sich andere Hersteller eine Scheibe am Schweden aus Belgien (XC40 und C40 werden in Gent gebaut) abschneiden.
… hat auch Vorteile beim Verbrauch.
Die Kehrseite verhilft dem Volvo C40 jedoch zu bedeutend mehr Reichweite – zumindest auf der Autobahn. Wer auf die Kopffreiheit im Fond verzichten kann und nicht zu den größeren Menschen zählt, der fährt im C40 dort bis zu 40 Kilometer weiter. Ein Unterschied wie Tag und Nacht. Da kommt es auch auf die Rad-Reifen-Kombination an. Diesmal am Testwagen verbaut: Allwetter- statt Winterreifen mit geringerem Rollwiderstand. Dafür in 20- statt 19-Zoll-Größe mit vorne 235 und hinten 255 Millimeter Breite. Damit rollt der C40 erstaunlicherweise sanfter ab als letzten Herbst der XC40 auf seinen 19-Zöllern. Die damals sehnsüchtig herbeigewünschte Luftfederung braucht’s hier nicht.
Überhaupt ist es spannend zu betrachten, wie ein Auto 2022 hervorragend ohne jegliche Fahrmodi auskommt. Zu keiner Zeit vermisse ich einen Comfort- oder Sportmodus. Einzig ein Eco-Modus wäre für „Notfälle“ von Vorteil.
So bleibt es bei rund 26 kWh/100 Kilometer (~290 km Reichweite) auf der Autobahn bei 18 °C Außentemperatur und mit wenig Wind, und weiterhin 21 kWh/100 km (~350 km Reichweite) und mehr in der Stadt. Das Gewicht (2.200 kg) hängt sich hier einfach bei jedem Mal Anfahren erneut an, da kann das Auto noch so aerodynamisch sein.
Bedienung verbesserungswürdig
Das One-Pedal-Driving ist immer noch ein Traum, wenngleich es weiterhin nicht in Stufen – zum Beispiel via Schaltwippen – verstellt, sondern nur über das Infotainmentdisplay ein- oder ausgeschaltet werden kann. DAB+-Radio gibt es diesmal aus unerklärlichen Gründen keines, obwohl es serienmäßig an Bord sein sollte (Vielleicht ein Opfer der Chipkrise?). Überhaupt sieht das Menü im C40 richtig mager aus, wenn ich an den XC40 zurückdenke. Für viele Funktionen muss man sich neuerdings mit (s)einem Google-Konto im Auto anmelden und Apps einzeln herunterladen. Willkommen in der schönen neuen Welt…
Generell ist die Bedienung des senkrecht stehenden, neun Zoll großen Displays bekanntermaßen nicht die Durchdachteste. Warum braucht es zur Temperaturänderung mehrere Klicks? Ist das Display nicht groß genug, um dauerhaft einen Plus- und Minus-Button anzuzeigen? Dasselbe gilt für die Sitz- und Lenkradheizung. Ablenkung Hallo!
Dafür erfreut die tadellose Spracherkennung, die nach Tastendruck auf Befehle wie „Wie ist meine Restreichweite?“ wartet. Denn die wird im volldigitalen 12,3 Zoll großen Fahrerinformationsdisplay weiterhin nicht angezeigt. Sie kann lediglich über die „Range Assistant App“ im Infotainmentdisplay aufgerufen oder wie oben erwähnt beim Google Assistant erfragt werden. Mühsam.
Erfreulich hingegen: Das Google-Navi zeigt den Prozentstand bei Zielerreichung an, ist dabei aber vor allem bei längeren Strecken nicht sonderlich treffsicher und regelt immer wieder nach. Und die auf Wunsch selbstständig eingeplanten Ladestopps lassen sich zwar abändern, die gesamte Route wird danach aber nicht angepasst, was zum einen oder anderen Hoppala (0 % SoC zwischen den Ladestationen) führen kann.
Schön zu sehen: Der Innenraum ist immer vollständig lederfrei. Weder das Lenkrad noch die Sitze oder das Armaturenbrett sind mit Kuhhaut überzogen. Wunderschön: die hinterleuchtete Fräslandschaft vor dem Beifahrer und in den Türtafeln.
Volvo C40 etwa 1.000 Euro teurer als XC40
Preislich liegt der Volvo C40 je nach Ausstattung 950 bis 1.400 Euro über dem XC40. Los geht’s bei 52.650 Euro für den frontgetrieben, 231 PS starken C40 Plus. Dafür gibt’s Abstandsradar, Notbremssystem, schlüsselloses Zugangs- und Start-Stopp-System, LED-Scheinwerfer, Rückfahrkamera, 250 Watt Audiosystem, 9-Zoll-Infotainmentdisplay, 2-Zonen-Klimaautomatik, Lenkradheizung, 19-Zoll-Alufelgen, Panorama-Glasdach und vieles mehr serienmäßig. Meine Ultimate-Variante (+2.320 €) hat darüber hinaus ein 600 Watt starkes harman/kardon®-Soundsystem, einen elektrisch einstellbaren Fahrersitz inklusive Memoryfunktion, Nebelscheinwerfer, elektrisch umlegbare Kopfstützen in der zweiten Sitzreihe sowie eine 360 Grad-Kamera an Bord. Für 900 Euro extra werden Pixel-LED-Scheinwerfer (84 Segmente je Scheinwerfer) – vom österreichischen Scheinwerfer-Spezialisten ZKW – verbaut. Mein Testwagen kommt inklusive aller Extras auf 65.380 Euro.
Fazit
Der schnittige Volvo C40 rollt trotz größerer Felgen komfortabler ab als das Geschwisterchen XC40, verbraucht auf der Langstrecke weniger und verliert kaum Kofferraumvolumen. Dafür bietet er weniger Kopffreiheit im Fond und die bedeutend schlechtere Sicht hintenraus. Am Ende bleibt es wohl einfach Geschmackssache, für welche der beiden Schwestern man sich entscheidet. Über die dürftige Bedienung kann ich weiterhin hinwegsehen. Noch wichtig zu wissen: Volvo gewährt nur drei Jahre Fahrzeuggarantie. Das können andere besser und die Schweden sicherlich auch.
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