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Der 2024 MINI Countryman SE im Test

Den MINI zu elektrisieren, dieses kleine, wendige, Go-Kart-ähnliche Auto, das vorwiegend in der Stadt vorzufinden ist und deshalb auch kein Reichweitenkönig sein muss, macht Sinn. Den großen, ja fast überdimensionalen MINI Countryman SE zum Elektroauto zu machen auch? Wir haben uns den größten MINI genauer angesehen und klären die Frage.

MINI Countryman SE All4: Der Maxi-MINI!

In den 1960er Jahren war der Mini für die Briten das, was der VW Käfer für die Deutschen, der FIAT 500 für die Italiener und der Ford Mustang für die Amerikaner bedeutete: Eine Ikone, die die Massen bewegte. Wortwörtlich. Der ursprüngliche Mini wurde von Herstellern wie Austin, Leyland, Rover, Morris oder auch Innocenti produziert. Um die Jahrtausendwende erlebte der Mini, ähnlich wie andere Klassiker, eine Renaissance im Retro-Design. Im Gegensatz zum VW Käfer bzw. New Beetle verlief diese Wiedergeburt für den Mini, den Fiat 500 und den Ford Mustang erfolgreicher.

Mit der Übernahme von Rover durch BMW in den 1990ern wanderte auch der Mini ins Eigentum der Deutschen. Und aus dem Mini wurde MINI. Nicht nur die Schreibweise wurde vergrößert, auch die Autos. Schon der erste MINI unter bayrischer Herrschaft war mit 3,6 Metern mehr als einen halben Meter länger als der ursprüngliche Brite. Gewachsen ist seither aber nicht nur das Auto, sondern auch die ganze Modellpalette. Da gab es zum Beispiel den Kombi-Clubman, das MINI-Coupé, den MINI-Roadster und sogar ein SUV-Coupé namens Paceman. Aktuell gibt es neben der bekannten 3-Türer Version auch eine Fünf-Türige, das Cabrio, den neuen kompakteren Aceman und den großen Countryman. Ich hoffe ihr könnt noch folgen.

Der Countryman ist das SUV von MINI und seit 2010 Teil des Portfolios. Aktuell ist er seit 2024 in dritter Generation auf dem Markt. Zum ersten Mal auch als Elektroversion. Natürlich hat der Countryman aufgrund des anhaltenden SUV-Booms seine Daseinsberechtigung. Doch wenn man seine Maße betrachtet, fragt man sich, ob er überhaupt noch ein MINI ist. Mit einer Länge von fast 4,5 Metern, einer Breite von über 1,84 Metern und einer Höhe von über 1,6 Metern ist der Countryman tatsächlich eher ein „Maxi“ als ein „Mini“. Er ist groß, wuchtig und von Kompaktheit, wie sie der ursprüngliche Mini einst verkörperte, kann kaum mehr die Rede sein.

Groß außen = Platz innen

Diese fast schon überdimensionalen Abmessungen des MINI Countryman SE haben aber auch einen entscheidenden Vorteil: Der Innenraum ist ziemlich geräumig. So fasst zum Beispiel der Kofferraum 460 Liter und lässt sich durch Umklappen der Rücksitze auf bis zu 1.390 Liter erweitern. Ausreichend Platz für Gepäck und Einkäufe. Und mit dem optionalen Glaspanoramadach kommt einem das Passagierabteil auch sehr luftig vor.

Was wäre ein MINI ohne coolen Innenraum? Vermutlich so etwas wie ein BMW ohne hervorragende Verarbeitung. Beim Countryman bekommt man beides. Viel Stoff, der nicht nur gut aussieht und recycelt ist, sondern sich auch robust anfühlt, kleidet das Armaturenbrett und die Türtafeln. Ob einem das orange-blau gefällt, muss jeder für sich entscheiden. Zum Glück gibt es im Konfigurator noch andere Möglichkeiten zur Auswahl. Die Verarbeitung ist, wie schon erwähnt, von Mama-BMW weitergegeben worden und äußerst hochwertig. Das hat natürlich auch einen BMW Preis, aber dazu später. Die Sitze sind komfortabel, die Sitzposition aufrecht.

Bei BMW und auch bei MINI gab es bis vor kurzem dieses herrlich deppensichere i-Drive-Regler System. Ein Drehregler in der Mittelkonsole, über den man mit wenigen Handgriffen alle Menüpunkte im Infotainment erreichen und einstellen konnte. Das ist bei den unteren BMW-Baureihen vorbei und auch bei MINI mittlerweile Geschichte. Wie auch im Ur-MINI, gibt es jetzt nur mehr ein 24 Zentimeter großes, zentrales Display, das an den Rändern die Funktion eines Tachos übernimmt und in der Mitte mit Infotainment bespaßt. Die Bedienung ist leider alles andere als selbsterklärend. Man wischt und tippt, probiert und flucht. Es ist ein bisschen wie bei einem Escape Room – irgendwann hat man’s raus, aber es kostet Nerven. Dazu kommt, dass das System gelegentlich zu langsam reagiert. Und so ein Display in der Mitte lenkt natürlich vom Straßenverkehr ab.

2024 MINI Countryman SE All4 test review fahrbericht probefahrt

Schön und gut, aber wie fährt sich der elektrische MINI Countryman?

Gehen wir zuerst die Statistics durch: Angetrieben wird unser MINI Countryman SE All4 von zwei Elektromotoren, einer an der Vorder- und einer an der Hinterachse, die gemeinsam 306 PS leisten. Damit schießt der Countryman in 5,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h, schafft 180 km/h Spitze und eine Reichweite von bis zu 432 Kilometern nach WLTP. Im Test reichte die 64,6 kWh netto Batterie für 380 Kilometer bei moderater Fahrweise im Sommer. Und beim DC-Laden gibt er sich auch keine Blöße. Lädt im Test in knapp unter 30 Minuten von 10 auf 80 Prozent. Angesteckt bei zwei Prozent waren es auch nur etwas mehr als 32 Minuten von 10 auf 80 Prozent. Schade, dass die Ladeleistung schon bei 78 Prozent auf nur noch 38 kW einbricht. So macht das Weiterladen (über 80 Prozent hinaus) auf der Langstrecke absolut keinen Sinn. Lieber abstecken und weiterfahren.

Liest sich auf den ersten Blick ja ganz gut. Ordentlich Leistung bedeutet ja oft auch ordentlich Fahrspaß. Etwas, wofür MINI mit seinem Go-Kart-Feeling bekannt ist. Nur kommt eben dieses Feeling bei einem 2 Tonnen Maxi-Countryman gar nicht rüber. Er wankt zwar weniger als erwartet und hat reichlich Kraftreserven, aber das Gewicht spürt man in schnellen Kurven deutlich. Dafür gibt das Lenkrad ausgezeichnetes Feedback und lässt die Fuhre präzise steuern. Einen Pluspunkt gibt es auch für das One-Pedal-Driving, also Fahren bzw. Bremsen ohne Tritt aufs Bremspedal.

Ist wenigstens der Preis MINI?

Ja und nein. Er ist MINI, aber nicht mini. Soll heißen: Für ein kompaktes SUV teuer, für einen MINI eine gewohnte Preispolitik. Der MINI Countryman beginnt als Benziner in der Basis ab 37.700 Euro. Der elektrische Countryman SE startet bei knapp 45.000 Euro, während unser voll ausgestattetes Testfahrzeug über 55.000 Euro kostet. Angesichts dieser Preise stellt sich die Frage nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis – insbesondere im Vergleich zu Konkurrenzmodellen wie dem Renault 4 (ab 29.390 Euro), dem Volvo EX30 (ab 34.890 Euro), dem Škoda Elroq (ab 35.490 Euro), dem smart #5 (ab 41.700 Euro) oder dem Tesla Model Y (ab 43.570 Euro).

Fazit

Der MINI Countryman SE ist zweifellos ein leistungsstarkes und gut verarbeitetes Elektro-SUV mit genug Platz für die Herausforderungen des Alltags. Dennoch bleibt abzuwarten, ob er die gleiche Begeisterung hervorrufen kann wie die kleineren, wendigeren E-MINI-Modelle, die näher am ursprünglichen Konzept des Minis liegen und ob er sich gegen die preislich ähnlich aufgestellte Konkurrenz durchsetzen kann.

2024 MINI Countryman SE All4 test review fahrbericht probefahrt
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